1915: Grosse Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung

Für das Jahr 1915 projektierte die Stadt Düsseldorf eine große Ausstellung, mit der die hundertjährige Zugehörigkeit der Rheinprovinz zu Preußen gebührend gefeiert werden sollte. Von städtischer Seite drängte man auf eine Ausrichtung der Ausstellung, obwohl sich in der Industrie erste Anzeichen einer Ausstellungsmüdigkeit bemerkbar machten, teilweise sogar eine grundsätzlich ablehnende Haltung zu erkennen war. 1 Die Stadt überredete Akademiedirektor Roeber die Gesamtleitung zu übernehmen. Er erklärte sich bereit und begann die Verhandlungen mit Industrie und Wirtschaft. Aufgrund der zunächst bestehenden ablehnenden Haltung hatte Roeber große Mühe, die Bedenken der Aussteller zu zerstreuen und sie für das Vorhaben zu gewinnen. Da der Schwerpunkt der Ausstellung ein rein ideeller sein würde, war diese Werbung besonders schwierig. Dennoch waren die Verhandlungen Anfang 1913 soweit gediehen, dass der Oberbürgermeister und die Stadtverordnetenversammlung am 24.2.1913 beschließen konnten, die Ausstellung im Jahre 1915 zu veranstalten. Auf Roebers Betreiben begannen noch 1913 die Vorarbeiten für ein gigantisches Projekt: „Aus hundert Jahren Kunst und Kultur“. Die Ausstellung sollte die beeindruckende Entwicklung aufzeigen, die die Rheinlande seit dem Anfall zu Preußen verzeichnen konnten. Die Stadtverordneten stellten Roeber 200.000 Mark als Betriebsfonds und 500.000 Mark Garantiefonds zur Verfügung, dazu den Kunstpalast und den davor liegenden Garten, das Gelände des Hofgartens einschließlich Napoleonsberg sowie den Kaiser-Wilhelm-Park (heute Rheinpark). Aufgrund des äußerst umfangreichen Materials, das während der Ausstellung zur Darstellung gelangen sollte, war ein ausgedehnter Arbeitsstab von rund 330 „Herren“ ehrenamtlich beschäftigt. 2 Die baulichen Anlagen und die Gestaltung der Freiflächen sollten „in architektonischer, gärtnerischer und städtebaulicher Sicht etwas Hervorragendes bieten“. 3 Die Gesamtleitung hatte Fritz Roeber, der Baubetrieb unterlag der ehrenamtlichen Leitung von Prof. Wilhelm Kreis und der Bauausschuss bestand aus den Architekten Prof. Kleesattel, Möhler, vom Endt, Gabriel, Becker, Rohn und Fahrenkamp, den Bauräten Radke und Weigelt und den Gartenarchitekten Engelhardt und Hoemann, sowie dem Garteninspektor Piel und Prof. Board. Für die Innenausstattung waren Prof. Münzer, Graf Brühl, Prof. Dücker, Hünten, E. Kampf, die Bildhauer Vögele, Pallenberg, die Maler Kiederich, M. Kohlschein, Ackermann und Hacker verpflichtet. 4 Eine der Attraktionen sollte der von Kreis und Becker entworfene gewaltige Festplatz mit Hauptrestaurant, einem 62 Meter hohen Turm als Wahrzeichen der Ausstellung, sowie einer Leuchtfontänenanlage, „die wohl das umfangreichste Werk dieser Art dargestellt hätte“, bilden. 5

 

Das umfangreiche Programm in Stichworten:


Gruppe ‚Kunst und Wissenschaft‘:
zeigte in den verschiedensten Abteilungen u.a. westdeutsche Kunst im 19. Jahrhundert, eine moderne Kunstausstellung, Raumkunst (unter der Leitung von Wilhelm Kreis), Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege, Rauch und Staub, Veterinärwesen, Apothekerwesen und Pharmazie, Chemie, Zeitungswesen, Zeitschriften, Papierindustrie, Buchdruck, Buchschmuck und grafische Künste, Mathematik, Physik und Astronomie, Fotografie und Kinematografie.


Gruppe ‚Wohnung und Ort‘:
zeigte Wohnung und Haus in Stadt und Land, die Entwicklung der Städte und ländlichen Ort.


Gruppe ‚Industrie und Gewerbe‘:
Kraft, Licht, mechanische Arbeit.


Gruppe ‚Die Frau‘:
Die Frau im Privatleben, die Frau in anatomischer, physiologischer und medizinischer Hinsicht, Trachten im 19. Jahrhundert und die moderne Tracht, die Frau im sozialen, wirtschaftlichen und geistigen Leben in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert.

Außerdem gab es Themenbereiche wie ‚Das Jahrhundert des Kindes‘, Armee und Marine, Verkehr, Gruppe Sport, Gartenbau und vieles mehr. 6

Die gewählte Ausstellungsfläche hätte bei einer Länge von 3,2 km 603.152 qm betragen, die bebaute Fläche 200.665 qm, also ca. 10% mehr als bei der Ausstellung 1902. Die verkehrliche Anbindung war durch eine direkte Verbindung öffentlicher Verkehrsmittel vom Hauptbahnhof aus geplant. Am 15. Dezember 1914 sollten alle Gebäude, an denen so renommierte Architekten wie Kreis, Becker, Fahrenkamp oder Nestler beteiligt waren, fertiggestellt sein. Als Ende Juli 1914 die meisten Hallen fertiggestellt waren, begann der Erste Weltkrieg und vernichtete den fast zur Realität gewordenen Traum einer großen Düsseldorfer Ausstellung. Die begonnenen Hallen wurden abgebrochen, der Plan nicht aufgeschoben, sondern verworfen. Von der Ausstellung blieb für Düsseldorf lediglich eine Maschinenhalle an der Brüderstraße bestehen, die fortan für kleinere Ausstellung diente und in den Dreißiger Jahren zu einer provisorischen Kongresshalle ausgebaut wurde. 7

Ausstellung 1915
Ausstellung 1915

Nach dem Krieg gab es dann eine Reihe weiterer Ausstellungen, u.a. die Konditoren-Fachmesse 1921 oder die 5. Gießerei-Fachausstellung 1925, die von 45.000 Besuchern gesehen wurde. 8 Die Tendenz zur Ausrichtung von kleinen Fachausstellungen setzte sich somit fort, was die Annahme eines Ratsherren bestätigte, „daß die Zeit der großen Ausstellungen in Deutschland vorüber und an ihrer Stelle die Zeit der kleineren Fachausstellungen getreten“ 9 sei. Absoluter Höhepunkt aber sollte die für 1926 geplante Gesolei werden.

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1. Oehler 1927:38
2. Oehler 1927:39
3. Oehler 1927:41
4. Oehler 1927:41
5. Bombe 1915:95
6. Oehler 1927:39f
7. G. Schneider 1937, RWZ 9.5.1937
8. Tamms 1953:23f
9. Stenogr. Verhandlungsberichte der Stadtverordnetenversammlung zu Düsseldorf vom 28.4.1930:97

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