Auswirkungen

Auswirkungen der Ausstellungen auf die städtebauliche Entwicklung Düsseldorfs

Emil Fahrenkamp schrieb 1937, dass „eine Ausstellung fähig [sei], Perspektiven aufzuzeigen, die der Städtebau in dauerhafter Gestaltung übernimmt.“ 1 In Düsseldorf wurde die Baugeschichte durch Ausstellungen in dreierlei Hinsicht beeinflusst: Erstens durch Städtebau-Ausstellungen wie 1910 und 1912, die vor allem den theoretischen Hintergrund der Stadtplanung schufen, zweitens durch die immer wichtiger werdende Gestaltung des Geländes und der Hallen, mit der Intention, die Ausstellungspolitik sozusagen visuell zu repräsentieren. Somit in ihrer Bedeutung zu „Aushängeschildern“ gewachsen, hatte sie modernsten technischen und ästhetischen Grundsätzen zu gehorchen und konnte stilistische Anstöße über den regionalen Bereich hinaus geben. Ein dritter, ganz pragmatischer Effekt der Ausstellungen, insbesondere in Düsseldorf, war die immer wiederkehrende Suche nach einem geeigneten Ausstellungsgelände und die damit verbundene Umgestaltung und Nutzbarmachung von städtischem Gebiet.
Durch die Tatsache, dass Düsseldorf bis in die Nachkriegszeit kein Terrain mit festen Ausstellungsbauten besaß, sondern für jede große Ausstellung neue Gelände erschlossen und neue Hallen gebaut werden mussten, ist die Bedeutung des Ausstellungswesens für die städtebauliche Entwicklung nicht zu unterschätzen. Neben der bereits erwähnten Entwicklung des Zooviertels wurden in Düsseldorf insbesondere der Erschließung des nördlichen Stadtgebietes und dem Ausbau der Rheinfront wesentliche Impulse gegeben.

A160 Die Düsseldorfer Ausstellungsgelände von 1902 bis 1953 Q Tamms 1953.13
A160 Die Düsseldorfer Ausstellungsgelände von 1902 bis 1953 Q Tamms 1953.13

Zwar hatte schon einige Jahre vor der Ausstellung von 1880 die Bebauung des Zooviertels begonnen, nachdem 1873 die lange geplante Überführung der Grafenberger Chaussee (heute Grafenberger Allee) über die Köln-Mindener Eisenbahn geschaffen worden war. 2 Die Stadt hatte also bereits Jahre vor der Ausstellung durch die infrastrukturelle Angliederung an den Stadtkern die Öffnung nach Nordosten erreicht und den Grundstein für eines der exklusivsten Stadtviertel der Kommune gelegt. 3 Baupolizeilich wurde verordnet, dass ausschließlich alleinstehende Häuser oder Doppelhäuser mit einer geringen Haushöhe und geräumigen Innenhöfen entstehen durften. Industrieanlagen wurden grundsätzlich verboten, 4 so dass es zu einer Bebauung mit teuren und großzügigen Villen im Herrenhausstil kam. Erst durch die Ausstellung jedoch erhielt das Zooviertel seine Bedeutung. So wurde der neue Stadtteil durch die Ausstellung und die damit verbundenen verkehrlichen Verbesserungen, wie Verbreiterung und Neuanlage von Straßen, stark aufgewertet. Von der Ausstellung selbst blieb neben neuangelegten Wegen im Zoologischen Garten vor allem das Hauptrestaurant bestehen. 5

Die nachfolgenden Ausstellungen sollten nicht auf dem Zoogelände stattfinden. Daher begann man gegen Ende des letzten Jahrhunderts erneut mit der Suche nach einem geeigneten Ausstellungsgelände und wählte nach langen Diskussionen auf Druck Luegs die noch unerschlossene Golzheimer Insel.

Die Wahl stand wohl in direktem Zusammenhang mit der drängenden Frage der Rheinufergestaltung, denn das Altstadtufer hatte sich seit der Fertigstellung des Schlosses am Ende des 16. Jahrhunderts kaum verändert, 6 war – wenn überhaupt – nur uneinheitlicher geworden 7 und zeigte nun nach dem Brand des Schlossgebäudes im Jahre 1872 „dem Fremden bestenfalls das Gesicht eines ländlichen Dorfes“ 8 . Trotz einer gewaltigen Wachstumsphase, die die Bevölkerungszahlen binnen zweier Jahrzehnte von 95.000 (1880) auf 213.000 (1900) hatten schnellen lassen, war der Rhein als städtebaulicher Faktor fast völlig ignoriert worden. Dies scheint verwunderlich, da als „infolge der starken Rheinkrümmung auf der Westseite und der Höhen- und Niederungsentwicklung auf der Ostseite der Stadt“ 9 – hier erheben sich die Niederbergischen Randhöhen – der baulichen Entwicklung Düsseldorfs nach Osten hin Grenzen gesetzt waren. 10

Es ging das Wort, dass selbst Düsseldorfer zuweilen glaubten, ihre Stadt läge nicht am Rhein, sondern an der Königsallee. 11 Die städtebauliche Vernachlässigung des Rheinufers hing einerseits damit zusammen, dass der Strom vor der Uferbefestigung weniger als romantisches Ambiente denn als Bedrohung empfunden werden musste; andererseits war die wirtschaftliche Bedeutung des Flusses für die Stadt Düsseldorf bis zur Abschaffung des Kölner Stapelrechtes in den Jahren 1831 und 1868 eher bescheiden. Dieses Recht besagte, dass alle Waren, die den Rhein herauf transportiert wurden und Köln passierten, vor dem Weitertransport in der Domstadt entladen werden und am Kölner Stapel drei Tage zum Verkauf ausgestellt werden mussten. 12 Nachdem dieses Privileg aufgehoben worden war, konnte auch Düsseldorf den Strom als verkehrstechnischen Vorteil nutzen. Insbesondere die Industrie hatte auf eine Verbesserung der Hafensituation gedrängt.

Als Ergebnis konnten 1896 der Napoleonische Sicherheitshafen nahe der Kunstakademie und der Frei- und Zollhafen an der Dammstraße aufgegeben und statt derer der zwischen 1890 und 1896 erbaute und sein 1894 in Teilbetrieb laufenden große Beckenhafen südlich der Altstadt endgültig seiner Bestimmung übergeben werden. 13 Allerdings konnten diese Veränderungen nichts an dem provinziellen und fast schäbigen Bild der Düsseldorfer Rheinfront ändern. Dazu war eine planvolle Bebauung des Ufers sowie eine gleichzeitige Befestigung desselben notwendig, um die Bauten vor den Hochwasserüberschwemmungen zu schützen. Bisher hielten nur sehr geringe Teile der Düsseldorfer Rheinfront Hochwasser Stand, u.a. die genannten Häfen und die Uferbefestigung des Sockels an der nach Oberkassel führenden Brücke. Große Teile der Altstadt standen dagegen regelmäßig unter Wasser. 14

A151 Ein Blick auf die Rückfront der Häuser an der Krämerstraße im Jahre 1896 Q StAD 033.100.044
A151 Ein Blick auf die Rückfront der Häuser an der Krämerstraße im Jahre 1896 Q StAD 033.100.044

Ein wichtiger Schritt zum Schutz vor Überflutung war daher die Anlage der Uferpromenade, wie sie auch schon in Stübbens Bebauungsplan von 1885 vorgesehen war. 15 Das für die Ausstellung 1902 projektierte Gelände am Rhein war eine direkte Fortführung dieser Rheinpromenade. Diese sogenannte Golzheimer Insel, eine von einem toten Rheinarm gebildete Landzunge, wurde im Zuge ihrer Gestaltung auf bis zu 9 m über dem Rheinpegel aufgehöht und trockengelegt. Bisher hatte dort lediglich das städtische Schlachthaus gestanden, dessen Verlegung bereits 1890 beschlossen worden war. Das Grundstück des ehemaligen Schlachthauses wurde der Ausstellung als Bauplatz für den Kunstpalast zur Verfügung gestellt. 16 Das überwachsene, sumpfige, teilweise nur zwei Meter über dem Rheinpegel liegende Ödland der Halbinsel wurde per Beschluss vom 13. Dezember 1898 in den folgenden zwei Jahren mittels mehrerer riesiger Dampfbagger urbar gemacht 17 und in einen nutzbaren Teil des Düsseldorfer Stadtgebietes verwandelt. 18 Eine Verschiebung des Geländes um bis zu 37 Meter in Richtung Rhein, anschließende Aufschüttung mit Basaltsteinen in die bis 20 Meter tiefe Auskolkung des Stromes, der Bau einer Ufermauer bis zu einer kostensparenden Höhe von lediglich sechs Metern über dem Düsseldorfer Pegel von der Haroldstraße bis zur Ritterstraße, die Anlage einer 20 m breiten Werftstraße in gleicher Höhe mit zwei Eisenbahngleisen, die bis zum Ausstellungsgelände weitergeführt wurden und die Erbauung einer landseitig drei Meter darüberliegenden hochwasserfreien Rheinufer-Promenadenstraße, 19 die Anlegung der Kanalisation in einer Gesamtlänge von 12 km, 14 km Wasserleitung, 4,5 m Gasleitung, 25 km unterirdisch verlegter Kabel und 158 km Freileitungen für die geplanten Hallen brachten Kosten von 4 Mio. Mark. Außerdem entstanden damals die Bastion gegenüber der Schulstraße sowie die Pegeluhr. 20 Die Werftmauer begrenzte eine Werftstraße von 20 Metern Breite und 1.350 Metern Länge, an deren Ufer die Lösch- und Ladearbeiten vorgenommen wurden. 21

A152 Das Altstadtufer von Oberkassel aus gesehen (um 1860). Q StAD 033.100.003 Sammlung Söhn
A152 Das Altstadtufer von Oberkassel aus gesehen (um 1860). Q StAD 033.100.003 Sammlung Söhn

Der weitere Ausbau dieses Geländes erfolgte ansatzweise durch die Weiterführung der Uferpromenade in Richtung Norden. Das östlich liegende Gebiet wurde zur lockeren Bebauung freigegeben. Am 8. März 1902 wurde das Werk durch das Einsetzen des letzten Steins am Pegelturm vorläufig vollendet. Ein Hochwasser, das im Winter 1925/26 den Rheinpark und die darauf befindlichen Hallen der in Vorbereitung stehenden Gesolei erreichte, machte deutlich, dass die Erhöhung des Ufers nicht ausreichte, um vor Überflutung zu schützen. Daher beschloss man, das Gelände unter erheblichem Kostenaufwand um weitere drei Meter zu erhöhen 22 und eine schützende Hochwassermauer zu errichten, was aber erst nach dem Ende der Ausstellung geschehen konnte und sich noch bis 1929 hinzog. 23

Durch diese Maßnahmen erhoffte man sich, die bauliche Entwicklung der Stadt wieder in Richtung Rhein führen zu können. Diese Hoffnung sollte erfüllt werden: Durch die für die Ausstellung vorgenommenen Veränderungen an der Rheinfront konnten Salzwedels Regierungsgebäude, das Verwaltungsgebäude für die Rheinprovinz von Hermann vom Endt, die heutige Staatskanzlei, sowie das Oberlandesgericht von Quast entstehen, neue Straßen wurden angelegt (Xantener Straße, Am Binnenwasser, Homberger Straße, Klever Straße und der Golzheimer Platz) und die Firma Mannesmann ließ 1911 von Behrens das Verwaltungsgebäude bauen.

A153 Die Schiffsbrücke über den Rhein zwischen Oberkassel und der Altstadt Q Vossen 1977.35
A153 Die Schiffsbrücke über den Rhein zwischen Oberkassel und der Altstadt Q Vossen 1977.35

Auch die linksrheinische Uferfront Düsseldorfs war um die Jahrhundertwende äußerst unansehnlich. Eine Entwicklung des Oberkassler Gebietes konnte aber nur durch eine feste Verbindung zwischen den beiden Rheinufern forciert werden. Nicht ganz uneigennützig nahm die 1894 gegründete Rheinische Bahngesellschaft mit Heinrich Lueg an der Spitze die Initiative in die Hand und baute 1897 die erste feste Düsseldorfer Rheinbrücke – bisher hatte es lediglich eine Schiffbrücke nach Oberkassel gegeben – womit Düsseldorf „den Fuß über den Rhein“ setzte. 24

Die östliche Brückenrampe lag auf dem zugeschütteten ehemaligen Sicherheitshafen direkt nördlich der Kunstakademie mit einer Zufahrt durch Teile des Hofgartens, an der westlichen Rampe traf die Brücke auf die Lueg-Allee, an die sie geradewegs anschloss. In Oberkassel wurde nach einem Bebauungsplan des Vermessungsamtes die Rheinallee, der Kaiser-Wilhelm- und der Kaiser-Friedrich-Ring angelegt. Hierdurch konnte eine geregelte Bebauung und damit eine bewusste Gestaltung des linken Rheinufers einsetzen. Um den teuren Brückenbau zu finanzieren, verkaufte die Bahngesellschaft die Oberkassler Grundstücke, die sie vor dem Brückenbau billig erworben hatte und machte so den Weg frei für eine repräsentative Bebauung der linksrheinischen Front. 25 Im „unattraktiven Hinterland“ Oberkassels und Heerdts sollte sich vor allem Industrie ansiedeln. 26

Mit der (Um-) Gestaltung der Rheinufer im Zuge der Ausstellung von 1902 war ein Anfang gemacht, der allerdings nicht ausreichen konnte. Die Stadt war sich dessen bewusst und versuchte 1911, angeregt durch die Ausstellung von 1910, durch einen Ideenwettbewerb die anstehenden Probleme in Angriff zu nehmen. Es sollte ein einheitlicher, Industrie-, Bau- und Freiflächen ausweisender Bebauungsplan für das gesamte Stadtgebiet und eine Einwohnerzahl von 1 Mio. aufgestellt werden. 27 Zu den Aufgaben gehörte die neue verkehrliche Strukturierung Düsseldorfs, insbesondere der Eisenbahnverhältnisse und die damit verbundene Frage des Hauptbahnhofes, der erst 1891 in Betrieb genommen worden war, aber den Bedürfnissen schon lange nicht mehr genügte. 28 Außerdem wollte Düsseldorf eine weitere Rheinbrücke. 29 Weiterhin sollte der Rathausneubau Teil des Planes sein. 30 Erster Preisträger dieses Wettbewerbes wurde der Berliner Professor Bruno Schmitz, 31 dessen Entwurf vor allem für die Frage der Regelung des Verkehrs „wertvolle Anregungen“ gab. 32

A154 Die Düsseldorfer Rheinufer von 1898. Hier ist die sogenannte 'Golzheimer Insel' deutlich zu erkennen. Q Stadtplan Düsseldorf 1896 u 1922
A154 Die Düsseldorfer Rheinufer von 1898. Hier ist die sogenannte ‚Golzheimer Insel‘ deutlich zu erkennen. Q Stadtplan Düsseldorf 1896 u 1922

Die durch die Ausstellungen und den Wettbewerb ausgelöste städtebauliche Diskussion jener Jahre förderte das stadtplanerische Bewusstsein und führte in Düsseldorf 1912/13 zur Gründung des Stadterweiterungsamtes, 33 das auf der Basis der eingegangen Entwürfe einen Generalbebauungsplan zu erstellen hatte. Wenn auch aufgrund des ausbrechenden Krieges die Planungen nicht verwirklicht werden konnten, so muss das wachsende Bewusstsein in der Stadtverwaltung und der Bevölkerung doch als Erfolg angesehen werden.

Als Vorgabe für den Wettbewerb 1911 hatte die Stadt zwei Projekte grundsätzlich festgelegt, die bei der Erstellung zu berücksichtigen waren. Zum einen war dies der neue Hafen, den man in Stockum zu bauen beabsichtigte, andererseits der Neubau für die Düsseldorfer Kunstakademie. Für diese Projekt wurde im September 1912 ein allgemeiner Wettbewerb ausgeschrieben. 34 Zunächst sollte das Hochbauamt das Material liefern, dann veranstaltete man einen Wettbewerb, indem sich allerdings die Teilnehmer an die Vorgaben der städtischen Behörde zu halten hatten, die Kosten durften 1.620.000 M nicht übersteigen. Unter 86 meist enttäuschenden Einsendungen wurden 17 in die engere Wahl genommen, von denen Karl Wach und Heinrich Beck für den Entwurf ‚Heros Akademos‘ den ersten Preis erhielten 35 . Er sah ein auf Achsensymmetrie angelegtes Hauptgebäude mit Versammlungsräumen und Professorenateliers sowie mehrere kleinere Bauten als Ateliers vor. Die fast romantische äußere Gestaltung, die noch durch die Idylle der Rheinlandschaft verstärkt würde, beschrieben Wach und Beck:

„Den Gebäuden ist ein einheitliches Gepräge gegeben und gleichzeitig wurde Wert darauf gelegt, dass ein jedes für sich seinen Zweck und seine Bestimmung nach außen hin kennzeichnet. Die Ausführungen sind gedacht als Putzbauten unter Verwendung von Muschelkalkstein für die Hauptarchitekturglieder. Die Dachflächen sind in Mönch und Nonne gedeckt. Die Gebäude sollen, wo angängig mit wildem Wein, Efeu oder Schlingrosen bewachsen werden.“ 36

Nach langen Verhandlungen konnte man sich darauf einigen, die Gesamtkosten von Wachs teurem Entwurf auf gut 2 Mio. Mark zu reduzieren. 37 1914 wurde mit dem Bau begonnen, der mit dem Ende der großen Ausstellung ‚Hundert Jahre Kunst und Kultur‘ 1915 fertiggestellt sein sollte. Auf der Jahrhundertschau hätten das Hauptgebäude und die im Garten und am Rhein gelegenen Atelierhäuser gleichfalls als Ausstellungsgebäude gedient, die von den unterschiedlichsten Firmen eingerichtet worden wären. Die Aula, die Bibliothek, das Konferenzzimmer, alle inneren Einrichtungen sowie sämtliche Beleuchtungskörper wären zu Reklamezwecken von den Ausstellern übernommen worden. 38

A156 Erdgeschoss des Hauptgebäudes der Neuen Kunstakademie, Architekt Karl Wach Q Architektonische Rundschau 1913.Tafel 133
A156 Erdgeschoss des Hauptgebäudes der Neuen Kunstakademie, Architekt Karl Wach Q Architektonische Rundschau 1913.Tafel 133

Durch den folgenden Krieg, dem bekanntlich auch die Ausstellung zum Opfer fiel, konnte dieser Plan nie realisiert werden. Lediglich den Bau des Hauptgebäudes und zweier seitlich liegender Wohngebäude konnte man unter größten Schwierigkeiten während des Krieges zunächst weiterführen; 1917 kam es dann zu einem Baustop, 1920 wurde die Arbeit wieder aufgenommen und im Februar 1921 der Rohbau fertiggestellt. 39

A158 Die nie vollendeten Bauten der Neuen Kunstakademie Q Lux 1925
A158 Die nie vollendeten Bauten der Neuen Kunstakademie Q Lux 1925
A157 Die nie vollendeten Bauten der Neuen Kunstakademie Q Lux 1925.513
A157 Die nie vollendeten Bauten der Neuen Kunstakademie Q Lux 1925.513

Die Planungen für den Neubau waren mit veränderten Ansprüchen an die Architektur begründet worden. Das Kollegium der Düsseldorfer Kunstakademie erstellte einen Katalog mit einer Aufzählung und Erläuterung der Mängel. 40 Kritisiert wurde einerseits der mangelnde Raum; das 1872 nach den Entwürfen von Riffart erbaute Akademiegebäude war zu klein geworden und machte Anmietungen für zusätzliche Ateliers notwendig. Andererseits hatte man beim Bau den längst überholten und nicht mehr gültigen Grundsatz befolgt, das Gebäude auf einseitiges Nordlicht auszurichten, 41 was noch dazu einer „glücklichen städtebaulichen Eingliederung“ nicht zuträglich war. 42 Eine Hauptmotivation für die kostenaufwendige Verlegung des Akademiegebäudes dürfte allerdings neben der verlockenden Aussicht auf ein repräsentatives neues Kunstzentrum die Rückübereignung der alten Akademie an die Stadt Düsseldorf gewesen sein. Das Gebäude sollte nach einem Umbau zunächst zur Unterbringung der städtischen Kunstsammlungen und eventuell des Historischen Museums und der Akademie für kommunale Verwaltung dienen, 43 um dann, nach dem Willen Oehlers, später niedergelegt zu werden, denn das Gebäude entsprach in den Augen des Oberbürgermeisters „weder im Äußeren noch im Inneren dem, was wünschenswert ist, und man muß deshalb davon ausgehen, dass das Gebäude demnächst abgebrochen werden muß“ 44 .

Somit wäre Platz entstanden für ein Vorhaben, das wohl insgeheim der eigentliche Grund für den gesamten Umzug der Kunstakademie war: Es gab einen preisgekrönten Wettbewerb, der das freie Gelände für den Bau einer große Rheinterrasse mit Restaurants direkt vor der Brückenrampe der Oberkasseler Brücke vorsah, dahinterliegend ein großes Museumsgebäude, ein Stadttheater und ein Opernhaus für 2.000 Personen. 45 Der Krieg machte dieses gesamte Projekt zunichte. So blieb das Gelände nördlich der Oberkasseler Brücke, weitestgehend unerschlossen, die Erschließung des Düsseldorfer Nordens ein Torso. 46 Dies konnte auch die Gesolei nicht ganz auffangen, durch die zwar die Rheinfront weiter ausgebaut wurde, der Anschluss an die äußeren Gebiete im Norden Düsseldorfs aber nicht erreicht wurde. Die vielkritisierten Kreisschen Dauerbauten 47 der Gesolei wurden entgegen der Bemühungen, sich dem Rhein zuzuwenden nicht auf diesen ausgerichtet. Im Gegenteil: Lediglich das Planetarium (heute Tonhalle) und die Rheinterrasse zeigen deutlich ihren Bezug zum Strom. Der Ehrenhof mit dem heutigen Kunstmuseum und dem Museum für Volk und Wirtschaft hingegen kehrt dem Fluss seinen Rücken zu.

A159 Der Ehrenhof der Gesolei Q Nerdinger 1994.127
A159 Der Ehrenhof der Gesolei Q Nerdinger 1994.127

Durch die Gesolei wurden nicht nur die Gedanken der Gartenstadt- und Schrebergartenbewegung neu belebt. Die Ausstellung hatte auch Auswirkungen auf den Wohnungsbau. Die Erkenntnisse, die auf der Ausstellung für Gesundheit, Soziales und Leibesübungen in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt wurden, unterstützten die Gründung von Bauvereinen, die sich um die Erstellung von preiswertem und gesunden Wohnraum bemühten. So die Baugenossenschaft ‚Gartenstadt‘ G.m.b.H., Düsseldorf Gerresheim, die aus einem Kleingartenverein entstanden war und eng mit dem Architekten Heinrich Quante zusammenarbeitete. Die Turmbauten an der Uerdinger Straße von William Dunkel waren direkte Ausläufer der Gesolei. 48 Auch so bekannte Bauten wie die überaus großzügig gestalteten und nach den neuesten medizinischen Erkenntnissen gebauten Wohnhausgruppen am Golzheimer Platz aus dem Jahre 1926, an der Cecilienallee und der Kaiserswerther Straße von Becker und Kutzner, die Wohnungen von 150-200 qm boten, 49 waren im Geiste der durch die Gesolei neu angeregten sozialenverträglichen Haltung erbaut worden. 50 Das Ausstellungsgelände und die Dauerbauten der Gesolei wurden nach 1926 weiterhin für Ausstellungen genutzt, erwiesen sich aber bald als zu klein für die großen Vorhaben der Stadt. Für die Ausstellung ‚ Schaffendes Volk‘ begann man daher erneut mit der Suche nach einem geeigneten Gelände.  [→ weiter]


1. Fahrenkamp 1939:338
2. Geusen 1990:29
3. Hüttenberger 1989:47
4. Neusen [1979?]:18
5. Neusen [1979?]:16
6. Weidenhaupt 1983:121
7. Ebel (b) 1937:73 Gartenkunst
8. Adressbuch der Stadt Düsseldorf 1938:XVII
9. Hogrefe 1926:88
10. Riemann 1937:76; Adressbuch der Stadt Düsseldorf 1938, XVII-XXIV
11. Adressbuch der Stadt Düsseldorf 1938:XV
12. Bauwarte 6.1926:63f: Die Hafenanlagen und ihre verkehrstechnische Bedeutung
13. Adressbuch der Stadt Düsseldorf 1938:XVII Das ist evtl. zu wörtlich von Gierschner übernommen
14. Gierschner 1988:89
15. Neusen [1979?]:28
16. DLZ (h) Nr. 19 vom 15.5.1937
17. DLZ (h) Nr. 19 vom 15.5.1937
18. Engst 1949:41
19. Adressbuch der Stadt Düsseldorf 1938:XVII-XXIV
20. DLZ (h) Nr. 19 vom 15.5.1937
21. DLZ (h) Nr. 19 vom 15.5.1937
22. Neusen [1979?]:45
23. Stenographische Verhandlungsberichte der Stadtverordnetenversammlung zu Düsseldorfvom 28.4.1930:97
24. Vossen 1977, S.38
25. Vgl. Vossen 1977:34f
26. Neusen [1979?]:24
27. Huneke 1928:66
28. Hüttenberger 1989:626
29. Bücher 1937:427
30. Rieman 1949:28
31. Huneke 1928:65
32. Huneke 1928:65
33. Riemann 1949:31
34. Bücher 1937:428; Riemann 1949:30
35. Klapheck 1913:42
36. Auszug aus der Baubeschreibung von Wach und Beck, in: Architektonische Rundschau 29.1913:Tafel 140
37. DT (m) Nr. 138 vom 22.5.1937
38. StAD iii 909, Brief von Akademiedirektor Roeber vom 15.7.1921
39. StAD iii 909, Brief OB Oehler an den Minister für Wirtschaft, Kunst und Weiterbildung vom 9.2.1921
40. StAD iii 910. Der erwähnte Bericht konnte leider nicht gefunden werden.
41. Stenographische Verhandlungsberichte der Stadtverordnetenversammlung zu Düsseldorf vom 24.7.1912
42. Klapheck 1928, S.85
43. Stenographische Verhandlungsberichte der Stadtverordnetenversammlung zu Düsseldorf vom 24.7.1912
44. Stenographische Verhandlungsberichte der Stadtverordnetenversammlung zu Düsseldorf vom 24.7.1912
45. Denkschrift, [vermtl. von Museumsdirektor Koetschau] vom 2.7.1924 in StAD iii 910, vgl. auch DLZ Nr. 19 vom 15.5.1937 und DT vom Nr. 138 22.5.1937
46. DT von Nr. 138 vom 22.5.1937
47. Zur Kritik der Bauten vgl. Busch 1993:81f
48. Architekturführer Düsseldorf 1977:74
49. Huneke 1928:103
50. Neusen [1979]:51

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