Als man 1934 in Düsseldorf den Plan fasste, eine neue Ausstellung zu veranstalten, lag die Machtübernahme gerade ein gutes Jahr zurück. Seither hatten sich in Düsseldorf bedeutende Veränderungen bemerkbar gemacht. Die Gleichschaltung hatte auf fast allen Gebieten des täglichen Lebens Platz ergriffen. Nicht zuletzt das Pressewesen hatte sich grundlegend den ideologischen Forderungen der neuen Machthaber angepasst. Es gab kaum noch eine Zeitung, die ihre Artikel frei von nationalsozialistischer Ideologie schreiben konnte.
Entsprechende Umwälzungen hatte es insbesondere in der Düsseldorfer Verwaltung gegeben. Oberbürgermeister Lehr war bereits am 12. März 1933 verhaftet und am nächsten Tag durch Dr. Hans Wagenführ abgelöst worden. 1 Die gesamte Stadtverwaltung hatte man neu strukturiert, 2 der Neuaufbau gliederte den gesamten städtischen Apparat in sechs Hauptsachgebiete, wovom eines das Amt für kulturelle Angelegenheiten war, welches von dem Dezernenten Horst Ebel 3 übernommen wurde. Ebel war seit 1929 Mitglied der NSDAP.
Der größte Teil der Kulturpolitik lag fortan in nationalsozialistischen Händen. Das gesamte Düsseldorfer Museumswesen wurde neu strukturiert, 4 auch der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen erfuhr eine Umgestaltung, der Künstlerverein Malkasten und der Kampfbund für Deutsche Kultur feierten gemeinsam die ’nationale Erhebung‘ und pflanzten dem ‚Retter aus höchster Not‘ eine ‚ Hitler-Eiche‘. 5 Eine der letzten Düsseldorfer Bastionen moderner Kunst, die Galerie der Kunsthändlerin Johanna Ey, musste im April 1934 aufgrund politisch bedingter finanzieller Probleme schließen. 6
Wie in den anderen öffentlichen Einrichtungen kam es auch in der staatlichen Düsseldorfer Kunstakademie zu einer personellen ‚Säuberungsaktion‘. Dazu gehörte insbesondere die Enthebung Dr. Kaesbachs, 7 der von der ‚ Düsseldorfer Volksparole‘ als eines jener „Elemente“ bezeichnet wurde, „die der deutschen Kultur hemmend im Wege stehen“ 8 . Ihm wurde vorgeworfen, er habe der Kunstzersetzung, dem Bolschewismus und Separatismus gedient und in seinen Räumen alles gestattet, außer deutschem Kunstschaffen. 9 Der Kunsthistoriker Kaesbach war seit 1924 Leiter der Akademie gewesen und wurde im März 1933 seines Amtes verwiesen. 10 Zunächst übernahm Prof. Julius Paul Junghanns kommissarisch die Leitung 11 bis am 15. Oktober 1933 der Dortmunder Architekt Professor Peter Grund mit der „vertretungsweisen Wahrnehmung der Direktorengeschäfte“ der Akademie betraut wurde. 12 Grund war der erste Architekt, der die Leitung der Akademie übernahm. Außer Kaesbach mussten von den etwa 29 Lehrern mindestens weitere 14 die Akademie verlassen, darunter Paul Klee, Ewald Mataré und Heinrich Campendonk. 13 Mit parteikonformenLehrkräften wie Prof. Dr. Haag, der ab Mai 1934 das Fach Rassekunde unterrichtete, stockte man das Personal wieder auf. 14
Das ’neue deutsche Lebensgefühl‘, der ’neue Nationalstolz‘, der sich durch all diese Veränderungen ergab, die, wie man meinte, zu einem neuen, besseren deutschen Staat gehörten, wollte man nun in einer Ausstellung dokumentieren. Diese Ausstellung sollte Deutsches Bauen, Deutsches Siedeln und Deutsches Wohnen, Deutsche Arbeit und Deutsches Leben dokumentieren, wie es sich erst seit der Machtübergabe entwickelt hatte. Und man trat mit der Absicht an, mit dieser Ausstellung alle Ausstellungen, die vor der Zeit des Nationalsozialismus stattgefunden hatten, in den Schatten zu stellen. [→ weiter]
1. Hüttenberg 1989:470
2. Alberg 1987:1987
3. Horst Ebel war seit 1924 Mitglied der NSDAP und seit 1933 Leiter der Allgemeinen Verwaltung in Düsseldorf, später auch des Personal-, Propaganda- und Personalamtes; Hüttenberger 1989:475
4. Vgl. Görgen 1967:90-91; 174-183 und Alberg 1987:52ff; VP vom 30.10.1937
5. Alberg 1987:11
6. Alberg 1987:52
7. 1879-1961, S. Alberg 1987:37
8. VP Nr. 74 vom 29.3.1933
9. VP Nr. 62 vom 15.3.1933
10. VP Nr. 74 vom 29.3.1933
11. Alberg 1987:37
12. Zit. in Alberg 1987:45 VP vom 16.10.1933
13. Görgen 1967:91
14. Alberg 1987:17