Der Garten nahm mit seinen 280.000 qm Grundfläche den Hauptteil des Ausstellungsgeländes ein. Da man auch hier als ‚Hauptaufgabe‘ die Gestaltung des deutschen Lebensraums sah, war man bemüht, alle Bereiche der Gartenkultur durch verschiedene Gärten darzustellen. Dass man wirklich alle Bereiche ohne Ausnahme darzustellen bestrebt war, belegt eine Auflistung einiger Gartenaspekte: Zu den verschiedenen Oberthemen wie ‚Kind und Garten‘, ‚Jugend und Garten‘, ‚Familie und Garten‘, ‚Garten des schaffende Menschen‘ u.a. wurden z.B. ein Märchengarten, Wetterhäuschen, Bienengarten, Kleintierzoo, Kinderheim, Kleinkindergarten, ein Förstergarten, diverse Musterkleingärten, 1 Wohngärten, Nutzgärten, ein Friedhof mit beispielhafter Grabgestaltung sowie die unvermeidlichen nationalsozialistischen Institutionen, wie das Haus ‚Schönheit der Arbeit‘ 2 , der NSV-Kindergarten 3 und Schulgarten 4 oder der BDM-Tanzring und ein HJ-Heim präsentiert. 5
Den flächenmäßig größten Teil der Gartenausstellung stellte aber wohl der Aspekt ‚Gemeinschaft und Garten‘ dar. Dazu gehörten die öffentlichen Grünanlagen genauso wie ein Wassergarten, Sonderblumengärten für die verschiedensten Pflanzen, wie der von Willy Nerche geschaffene Rosengarten, 6 in welchem eine Plastik von Johannes Knubel aufgestellt war. Weitere Sondergärten gab es unter anderem für Dahlien, Gladiolen und Schwertlilien. 7
Die gesamte Gartenanlagen war streng geometrisch gegliedert, die Hauptachse, die sogenannte ‚ Wasserachse‘, verlief parallel zur ideologischen Achse und begann ebenfalls auf der östlichen Seite des Geländes, von der Richthofenstraße nur durch die ‚ Ehrenhalle der Partei‘ getrennt. Am Beckenkopf lief das Wasser aus fünf Steinmuscheln über drei Kaskaden in ein 170 Meter langes und 15 Meter breites Becken. Dieses hatte auf jeder Seite 210 Wasserdüsen, die das Wasser zu einem 160 Meter langen Bogengang herausspien. Seitlich der Wasserachse, auf den Rasenflächen, waren ebenfalls streng geometrisch Blumenbeete angeordnet; außerdem bildeten zwölf Skulpturen die Begrenzung dieses Ausstellungsteils. 8
Vom Wasserbecken aus führten einige Treppenstufen auf den Hauptkonzertplatz mit der Leuchtfontäne von Werner von Wecus. Rechts passierte man das Café der Düsseldorfer Konditoreninnung mit dem dahinterliegenden, von 44 Bäumen und Kandelabern umstandenen BDM-Tanzring. Ging man weiter geradeaus in Richtung Rhein, so passierte man den Blumenteppich, das achsensymmetrische Gegenstück zur Wasserachse und erreichte einige hundert Meter weiter die Blumenhalle (H 10), in welchem ausgewählte Pflanzen gezeigt wurden. Friedrich Becker hatte in Kooperation mit dem Architekten Remmert (Pflanzenhaus) und Heinz Zuschlag (Gartenarchitektur) 9 den flachen Rundbau von 50 Metern Durchmesser in das mit noch jungen Pflanzen bewachsene Gelände gebaut. Seine Transparenz erhielt die leichte Holzkonstruktion durch das umlaufende Fensterband und die großen Bereiche der Eingangstüren – das Gebäude war von vier Seiten zugänglich. Diese Leichtigkeit wurde durch den weißen Kalkputz an den Außenwänden betont. 10 Da man die Blumenhalle nach der Ausstellungszeit eventuell wieder abreisen wollte, 11 war man bestrebt, die Kosten möglichst niedrig zu halten und dessen Charakter als Provisorium zu betonen. Daher bestand das „besonders interessant aufgeschwungene (…) dunkle (…) Pfannendach“ aus Holz. 12 Steinmaterial, hier Wesersandstein, wurde lediglich für den Bodenbelag und die Treppen verwendet. 13 Trotzdem erreichten die Gesamtkosten für das Haus 162.000 RM. 14
In der Nähe der Blumenhalle, lediglich durch Bepflanzung abgeschirmt befand, sich das NSV-Kinderheim (H 55). Es war während der gesamten Ausstellungszeit in Betrieb und diente der Erholung des Nachwuchses. Der kleine Bau spiegelte sich in einem kleinem Wasserbecken und wirkte durch seine schlichte Fassade und die großen Fenster sehr hell und offen. Durch verglaste Flügeltüren gelangte man schwellenlos auf eine überdachte Liegeterrasse, wodurch die direkte Anbindung an das Gartengelände gewährleistet war. Hier standen den kleinen Bewohnern die unterschiedlichsten Spielmöglichkeiten zur Verfügung, wie z.B. ein Märchengarten und eine Blumenwiese. Ausgestattet war der Kindergarten u.a. mit Liegen für die Kleinen, eine vollelektrische Versorgung sowie eine Höhensonne. 15
In der nördlichsten Ecke der Gartenanlage befand sich in direkter Nachbarschaft zum Vergnügungspark das Musterforsthaus (H 79) des Architekten Graff aus Ülzen, das man aus Wettenbostel in Niedersachsen herangeschafft hatte. 16 Trotz des im Giebel eingebrannten Spruches „Ich will nach langer Wanderschaft am Rhein, allhier des Försters Heimat sein“ sollte das hohe Fachwerkhaus aus Kieferngebälk 17 mit dem steilem Walmdach und Pferdekopfgiebel nach der Ausstellung in der Lüneburger Heide einen neuen Standort finden. 18 Durch einen von Gartenarchitekt Reinhold Hoemann angelegten Musterförstergarten war es in die Gartenanlage eingebunden.
Ging man von hier aus weiter nach Osten in Richtung Wilhelm-Gustloff-Reichsheimstättensiedlung, so lag links an einer Wegbiegung das vom Stadtbauamt in traditioneller Formgebung entworfene Gefolgschaftshaus „Schönheit der Arbeit“ (H 55). Dieser aus mehreren Einzelbauten zusammengesetzte Komplex bot etwa 60 Mitarbeitern des Gartenamtes „vorbildliche Unterkünfte“ und Erholungsmöglichkeiten wie einen Spiel- und Leseraum. 19
Dem Weg weiterfolgend erreichte man das HJ-Heim (H 54) des Architekten Herbert M. Horstmann. Im niederrheinischen Bauernhausstil gebaut war es eines der wenigen Gebäude, die auch nach der Ausstellung noch stehen bleiben und weiter genutzt werden sollten. In der Nähe der Wilhelm-Gustloff-Siedlung liegend, sollte es als HJ-Heim für die neue Schlageterstadt erhalten bleiben, genauso wie die umgebaute Neue Akademie, die als ‚ Horst-Wessel-Haus‘ als „künftiger Sammelpunkt für die Bewegung“ dienen sollte. 20 Das HJ-Heim botet Raum für zwei Gefolgschaften und eine Mädelgruppe. Der zweiteilige Dauerbau hatte im unteren Geschoss zwei Scharräume und ein Führerzimmer für die Jungen. In der oberen Etage gab es drei Scharräume sowie ein Führerinnenzimmer. „Schlichte und formschöne handwerkliche Möbel aus Kiefernholz, als Wandbekleidung das neuartige Holzstabgewebe, Buchenriemenboden und kunstgewerblicher Schmuck“ statteten die Räume der Mädchen aus. Jeder Raum hatte seine eigene Note: Das der Jungmädel machte einen lustigeren Eindruck als das der Mädel; „Der Charakter der Heimräume, die für die Jungen bestimmt (waren), war einfach und soldatisch“ 21 . Die Wände waren getüncht und mit angebeiztem Holz verkleidet, 22 während das Heim für die Mädchen helles Kiefernholz und eine Stoffbespannung erhalten hatte. In ihrem Stil war die gesamte Inneneinrichtung auf diese ’naturgemäße‘ Differenzierung ausgerichtet. Tische, Stühle, Wandbilder etc. waren bei den Jungen derber, bei den Mädchen mehr ausgeschmückt. Die Räume für das Jungvolk und die Jungvolk-Pimpfe waren wiederum unterschiedlich gestaltet. Im Keller fand man Duschräume, einen technischen Bastelraum für die Jungen sowie eine Lehrküche und einen Nähraum für Mädchen, dazu Toiletten und Brauseraum. Eine große Rundfunkanlage und eine Heimbücherei vervollständigten die Gesamteinrichtung des Muster- HJ-Heims. 23
Eine Wohnung für den Hausmeister hatte Horstmann ebenfalls integriert. In einem Nebengebäude stand eine Turnhalle zur Verfügung, die auch als Feierraum genutzt werden konnte. 24 Bei der Ausmalung des Muster- HJ-Heims hatte die Hitlerjugend junge Kräfte aus ihren Reihen herangezogen und den „Arbeitsring junger Künstler“ in der HJ, der im Kulturamt der Reichsjugendführung zusammengefasst war, mit dieser Arbeit beauftragt. Die Wandbilder stellten ‚jugendgerechte‘ geschichtliche Szenen wie Bauernkriege oder „Bilder aus dem Leben der Formation“ dar. 25
Der Eintritt in die Musterherberge musste mit zwei Groschen für die Heimbeschaffungsaktion der HJ bezahlt werden. In Düsseldorf waren fünf weitere Herbergen geplant: 1938 eine an der Kettwiger Straße in Flingern von dem Architekten Reese sowie eine an der alten Schule in Wersten vom Architekten Horstmann 26 und im Jahr darauf in Benrath, Oberbilk und Heerdt. 27
Die gartenarchitektonische Arbeit von Willy Tapp und dessen Mitarbeitern Hans Schiller und Sepp Rasch sowie dem Gartengestalter Walter Meusel 28 (örtliche Bauleitung), erhielten von allen Seiten, insbesondere von der Fachpresse, uneingeschränkt positive Resonanz. Lediglich der Rosengarten gab Anlass zu Kritik, denn hier war die Anbindung an das Gesamtgelände durch die unglückliche Aufteilung des Gesamtausstellungsgeländes nicht gelungen. Abgesehen von diesem Schönheitsfehler gab es jedoch keine Kritik. Die „Harmonie zwischen den Anlagen und der niederrheinischen Landschaft“ 29 , die „Großzügigkeit und Ruhe“, die von dem Gelände ausging, 30 die „geschickte Gliederung des an sich so flachen Geländes“ 31 , die in nur eineinhalb Jahren geschaffene Gartenanlagen wurden als „große Leistung“ 32 , sogar als „gartenkünstlerische Spitzenleistung des Jahres 1937“ 33 anerkannt und gelobt. Aus einer „trostlosen, gänzlich baum- und strauchlosen Ebene“ hatten die Düsseldorfer Gartengestalter ein barockartig gegliedertes Gartenwerk geschaffen, welches offenbar alle Erwartungen erfüllte. Besonderen Zuspruch erhielt die „handwerklich gerechte Bearbeitung des Steinmaterials“ 34 . Neben den sauber ausgeführten Arbeiten, z.B. der Pergolenpfeiler, der Treppen und Mauern, 35 wurde einhellig die Wahl des Materials, vorwiegend deutscher Klinker und Ruhrkohlensandstein, hervorgehoben, sowie die „Wegeherstellung in streng rechteckiger Verlegung“. 36
Verwunderlich scheint heute, dass man sich bei der Auswahl der Pflanzen nicht auf nationale Arten beschränkte, um so der Blut-und-Boden-Politik nachzukommen. Tatsächlich störte sich niemand an den exotischen Pflanzen, an Kakteen und Schmetterlingen ferner Länder und Kontinente, an undeutschen Warmwasserfischen und tropischen Orchideen. 37 Weder die unübersehbar barocke Orientierung wurde kritisiert, noch die Uneinheitlichkeit im Stil: völkische Skulpturen waren in einen Garten mit barocker Aufteilung integriert, in welchem man zudem moderne Glasbauten fand. In sofern war der Ausspruch von Camillo Schneider, die „Gartenanlagen (seien) ganz auf die große Werkschau abgestimmt“ 38 , treffend und richtig. Im Garten befand sich die gleiche Reichhaltigkeit an Stilmerkmalen wie im Rest der Ausstellung. Dennoch schien es selbst von Seiten der Ausstellungsleitung keine Einwände gegeben zu haben gegen das nicht allzu ‚deutsche‘ Werk Tapps. Kann es daran gelegen haben, dass eine nationalsozialistische, eine „Blut-und Boden-Gartenarchitektur“ als Maßstab und Vorbild überhaupt nicht existierte? Zwar sollte die Gestaltung der Gartenanlagen genauso wie alle anderen Ausstellungsteile unter der „Generalidee“ 39 stehen, den schaffenden Menschen und seine Umwelt unter einer nationalsozialistischen Herrschaft zu zeigen; allein durch das Vorhandensein von NS-Kindergärten oder eines BDM-Tanzrings wurde aus dem Gesamtwerk allerdings keine distinktiv nationalsozialistische Gartenkultur.
[→ weiter]
1. Die Anzahl der Kleingärten auf der Ausstellung entsprach der Bedeutung, die ihnen zugemessen wurde. Gartendirektor Tapp: „Der Kleingarten kräftigt Geist und Körper, erzieht unsere Kinder, spart Devisen (Obstfreundlich), hilft den Minderbemittelten und stärkt das Heimatgefühl“; Tapp 1937:154
2. ‚Schönheit der Arbeit‘ war eine Unterorganisation der DAF und zuständig für die Verschönerung von Industriebetrieben, vgl. Kammer 1994:189
3. NSV ist die Abkürzung für die NS-Organisation ‚Nationalsozialistische Volkswohlfahrt‘, die verantwortlich war für alle Fragen der Volkswohlfahrt und Fürsorge; Kammer 1994, S.143
4. Die Schulgärten sollten neben dem Turnunterricht durch Gartenarbeit die körperliche Ertüchtigung im Freien fördern. In Düsseldorf gab es 22 Schulgärten mit 86.000 qm Fläche; Riemann 1937:94
5. Tapp 1939:108
6. Für den Rosengarten am westlichen Ende der Gartenanlagen war ein Gestaltungswettbewerb ausgeschrieben worden, den Willy Nerche, Düsseldorf gewonnen hatte, Tapp 1939:109
7. An Schwertlilien wurden alleine 64 verschiedene Arten ausgestellt, Tapp 1939:109
8. Houben 1984:104
9. Trost 1937:84
10. Trost 1937:82
11. Trost 1937:82
12. K.Tr. 1937:169
13. Trost 1937:84
14. Hattrop 1937:95
15. Elektrogroßhändler 7.1937:258
16. Trost 1937:84
17. Mappes 1937:162
18. K.Tr. 1937, S.17
19. Tapp (c) 1937:258
20. Meyer 1937:84. Hier wird die immer noch andauernde Diskussion um die Niederlegung des Akademiegebäudes deutlich. Während in anderen Plänen der Abriss beschlossen scheint, waren zum selben Zeitpunkt andere Personenkreise zu dem Schluss gekommen, die Neue Kunstakadmie umzunutzen. Zum HJ-Heim vgl. Weingarten 1937 (a):356
21. StAD xviii 1893, Pressemitteilung
22. DAZ vom 10.6.1937
23. DAZ vom 10.6.1937
24. StAD xviii 1893, Pressemitteilung
25. StAD xviii 1893, Pressemitteilung; vgl. auch Weingarten 1937 (a):356
26. StAD xviii 1893
27. StAD xviii 1893
28. Schneider 1937:433
29. Tapp 1939:110
30. Schneider 1937:433
31. Schneider 1937:433
32. Wagner 1937:372
33. Mappes 1937:165
34. Wagner 1937:372
35. Wagner 1937:372
36. Mappes 1937:165
37. Tapp 1939:109
38. Schneider 1937:433
39. HuG-19, S.4