Auch wenn die Ausstellung ‚Schaffendes Volk‘ viel Angriffsfläche für Kritik bot, so muss aus heutiger Sicht das Ergebnis der Ausstellung auch eine positive Bewertung erfahren, denn das, was die Ausstellung hinterlassen hat, war nicht unerheblich für die Düsseldorfer Stadtplanung: Die Stadt hatte erreicht, dass ein großer Teil des Düsseldorfer Nordens, eine Fläche von insgesamt 900.000 qm, infrastrukturell erschlossen wurde und dass nun ein Richtmaß für die weitere Bebauung vorhanden war. Nicht zuletzt ist die Golzheimer Siedlung, die aus der Reichsausstellung ‚Schaffendes Volk‘ hervorgegangen ist und seit den 50er Jahren durch zahlreiche Wohnhäuser in ähnlichem Stil erweitert wurde, noch heute ein Vorzeigeobjekt und eines der begehrtesten und teuersten Wohngebiete Düsseldorfs.
Ebenso wurden die Parkanlagen, die von allen Seiten gelobt wurden, eine Bereicherung für die Stadt. Auch heute noch gilt der Nordpark als eine der schönsten Gartenanlagen Düsseldorfs. Selbst zahlreiche Veränderungen nach dem Krieg konnten die klar gegliederte achsiale Struktur der Anlage nicht zerstören. Lediglich durch weniger streng gefasste Blumenbeete konnte man die harte Geometrisierung etwas auflockern. Gartendirektor Wolf bemühte sich nach der Freigabe des Parks 1958 vor allem um die Anpassung des für tausende von Tagesbesuchern konzipierten Wegenetzes an die geringere Besucherzahl und verringerte zudem die arbeits- und kostenintensiven Sommerblumenflächen. Thematisch beließ man auch nach 1945 alles beim Alten. Rosengarten, Wassergarten, Kakteen- und Sommerblumengarten blieben an ihrem angestammten Ort. Eine Bereicherung brachte 1975 der Japanische Garten, den die Düsseldorfer Bevölkerung von der hier lebenden japanischen Gemeinde zum Geschenk erhielt. 1
Den axialen Bezug zum ehemaligen Schlageterhain hat die Düsseldorfer Stadtplanung aufzuheben verstanden. Nachdem 1946 das Schlageterkreuz laut Beschluss vom 8.3.1946 (also erst ein Jahr nach Kriegsende!) abgetragen und zerstört worden war, 2 errichtete man zwar 1958 an gleicher Stelle das von Jupp Rübsam geschaffene Mahnmal ‚Die drei Nornen‘, das Glaube, Liebe und Hoffnung zu Ehren der Opfer des Dritten Reiches versinnbildlichen soll. Den Gegenpol der Achse, die Neue Kunstakademie, legte man jedoch 1974 nieder, um an gleicher Stelle den 1987, zum 50. Geburtstag des Nordparks eröffneten Aquazoo zu errichten. Den Abriss des „wichtigsten [Düsseldorfer] Architekturdenkmals zwischen 1908 und 1914“ 3 beendete die lange Diskussion um den Erhalt des Gebäudes endgültig. Damit war nicht nur der klassizistische Giebel verschwunden, sondern mit ihm auch die Hauptachse des Gebäudes, auf die sich nicht nur das gesamte Gelände ausrichtete, sondern auf deren Verlängerung sich ebenfalls das Mahnmal Rübsams befand. Der am Rande des Nordfriedhofes stehende Besucher bleibt ohne jeden Hinweis auf das ehemalige Ausstellungsgelände. Zwar kann man auf dem Stadtplan noch schwach die Linie erkennen, die einst die beiden Punkte verband. Heute steht der visuellen Verbindung aber eine Schnellstraße im Wege, die selbst dem stadtgeschichtlich bewanderten Betrachter jeglichen Hinweis auf den Zusammenhang der ‚Nornen‘ mit der Ausstellung verstellt.
Da ein Großteil der Gartenanlagen samt der noch von 1937 vorhandenen Architekturstücke seit 1986 unter Denkmalschutz steht, wird dieser hoffentlich vor weiteren Veränderungen bewahrt bleiben. Das angrenzende Messegelände hat bereits einen Teil des ehemaligen Ausstellungsgeländes vereinnahmt. Aktuelle Pläne, die Düsseldorfer Messe zu vergrößern und so konkurrenzfähig zu halten, bedroht das Stadionfreibad, das 1924-26 mit dem Stadion entstanden war und tatsächlich Ende der neunziger Jahre beseitigt wurde um Raum für eine Mehrzweckhalle zu schaffen. Damit wurde eines der letzten Monumente des einstmals geplanten Kulturzentrums im Düsseldorfer Norden zerstört.
Die protektive Hand der amtlichen Denkmalpflege beschränkt sich auf Teile der Gartenanlage und das Ballhaus, sowie das Maximilian-Friedrich-Weyhe-Haus. Die ehemalige Schlagetersiedlung ist dagegen bedauerlicherweise ausgeschlossen, so dass das homogene Gefüge der Siedlung durch Modernisierungsmaßnahmen an den Häusern immer weiter einbricht. Zwar präsentiert sich die heutige Golzheimer Siedlung teilweise kaum verändert gegenüber ihrem Aussehen im Jahre 1937. Jedoch hat ein Großteil der Häuser so umfangreiche Veränderungen erfahren, dass die Einheitlichkeit innerhalb des Gefüges stark gestört wird. Das Problem war schon kurz nach der Schließung der Ausstellung entstanden, als einige Hausherren damit begannen, die Häuser durch An-, Um- und Aufbauten zu verändern, obwohl dies dem Erbbauvertrag widersprach. 4 Um die harmonische Geschlossenheit dennoch zu wahren, sollten Baugesuche dementsprechend bearbeitet werden. Trotzdem werden bis heute insbesondere durch große Dachaufbauten und neue Fensterformen einige der modernisierten Häuser aus der Siedlungsgemeinschaft gleichsam herausgerissen. Leider setzt sich die Tendenz zur Umgestaltung immer mehr durch. Eine Ausnahme bildet die Künstlersiedlung, deren Häuser, inklusive der Gemeinschaftsanlage, immer noch Eigentum der Stadt Düsseldorf sind und nur die notwendigsten Erneuerungs- und Sanierungsmaßnahmen erfahren haben.
Nicht nur städtebaulich hatte die Ausstellung Einfluss auf die Entwicklung Düsseldorfs. Nach dem Kriege nahm man die sehr erfolgreiche Tradition wieder auf und veranstaltete bald die erste Ausstellung im alten Gesolei-Gelände am Ehrenhof. Einer der ersten Höhepunkte sollte die Rationalisierungsausstellung Ausstellung ‚Alle sollen besser leben‘ 1953 werden, die im Gegensatz zur Ausstellung ‚Schaffendes Volk‘ weniger das Sparen als vielmehr den Konsum thematisierte. Ansonsten gab es aber auffallende Gemeinsamkeiten: Einer der Mitarbeiter im Arbeitsstab war kein geringerer als Dr. Ernst Maiwald. Dieser war auf Druck des Düsseldorfer BDI-Funktionärs Frenz in diese Position gelangt. Frenz war Mitarbeiter der Firma Schiess-Defries und hatte 1937 mit Maiwald die Halle Berufsbildung für die Reichsgruppe Industrie eingerichtet. Frenz über Maiwald:
„Er ist ein Ausstellungsfachmann, der auf lange Praxis und große Erfahrung zurückblicken kann. Ausserdem ist Dr. Maiwald seinerzeit vom BDI als dessen Vertreter mit der Durchführung der Ausstellung betraut worden. Es würde m. E. das Interesse des Bundesverbandes an dieser Ausstellung sehr mindern, wenn Herr Dr. Maiwald als der von ihm bestellte Vertreter und anerkannte Ausstellungsfachmann nicht mitwirken würde, und ohne die Repräsentation des BDI würde die ganze Ausstellung in Frage gestellt sein. Persönliche Bedenken müssten um der Sache Willen zurückgestellt werden. Es dreht sich nicht darum, welche Persönlichkeit oder Gesellschaft die Ausstellung durchführen, sondern dass sie in allen Teilen gelingt und den Ruf der Stadt Düsseldorf als Industrie-Ausstellungsstadt wieder festigt.“ 5
Dies blieb jedoch nicht die einzige Gemeinsamkeit. Richard Geutebrück und der Architekt Ernst Walther waren hier wieder beschäftigt, die Provinzial-Feuerversicherung diente erneut als Versicherer. Auch das Emblem der neuen Ausstellung erinnerte mit seinen ausgestreckten Armen zweifellos an das Plakat der nationalsozialistische Ausstellung, die 16 Jahre zuvor stattgefunden hatte. 6
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1. Lange 1994:22
2. StAD Karteikarte Schlagetermal, StAD xxiii 1362; laut Maes bedauerte der damalige OB Gockeln die Zerstörung, da das Kreuz als Zeugnis Düsseldorfer Geschichte von hohem Wert gewesen war; StAD Karteikarten Schlagetermal.
3. Helmut Hentrich, zit. in: Houben 1986 (b), S.190
4. StAD iv 18218, Protokoll vom 10.11.1937
5. StAD xviii 1869, Brief vom 31.1.1952
6. Messe Intern 1.1997:8