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Auf den Seiten von SchaffendesVolk1937.de finden Sie Informationen über die Große Reichsausstellung Schaffendes Volk, die 1937 im nationalsozialistischen Düsseldorf stattfand. Alle Angaben resultieren auf Ergebnissen des Forschungsprojekts „Vom Werkbund zum Vierjahresplan. Die Ausstellung Schaffendes Volk 1937“, s. Impressum.

Düsseldorf hat eine lange Ausstellungstradition. Die ersten kleinen Ausstellungen fanden bereits am Anfang des 19. Jahrhunderts statt. Eines der Großereignisse des sich anschließenden langen Reigens war 1937 die Ausstellung ‚Schaffendes Volk‘. Ihre Geschichte beschreibt ein Stück Düsseldorfer Zeitgeschichte. Sie war das herausragende Ereignis der Vorkriegsjahre, nicht nur auf regionaler Ebene. Im Jahre 1937 stand die Düsseldorfer Ausstellung im Rampenlicht, fast alle deutschen und zahlreiche ausländische Zeitungen und Zeitschriften berichteten über das Ereignis im nationalsozialistischen Deutschland, das ein halbes Jahr dauerte und immerhin fast sieben Millionen Besucher anlockte. Umso erstaunlicher ist es, dass die Ausstellung heute fast vergessen ist. Während man sich nicht nur in Düsseldorf gerne an die Ausstellung für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen – kurz ‚ Gesolei‘ – erinnert, die im Jahre 1926 stattfand, hat das Ereignis von 1937 trotz seiner einstmaligen Bedeutung scheinbar nur wenig Eindruck hinterlassen.
Dies spiegelt sich auch in den wissenschaftlichen Publikationen wider. Die ‚ Gesolei‘ ist umfangreich dokumentiert und analysiert worden, die Ausstellung ‚ Schaffendes Volk‘ hingegen wurde bisher noch keiner eingehenden Untersuchung unterzogen. Hier scheint die regionale Forschung dem allgemeinen Trend hinterherzuhinken, denn die kunsthistorische Aufarbeitung der NS-Vergangenheit hat sich während der letzten Jahrzehnte stark entwickelt.

Die direkt nach dem Krieg festzustellende Tendenz zur Verdrängung hat sich in der Wissenschaft zugunsten einer intensiven und differenzierten Auseinandersetzung mit der Kunst und Architektur des ‚Dritten Reiches‘ weitestgehend aufgelöst. Noch bis weit in die 60er Jahre hatte sich ein Großteil der Kunstwissenschaftler überhaupt geweigert, das Thema wissenschaftlich zu untersuchen – NS-Kunst war schließlich ‚Unkunst‘ und konnte demzufolge nicht Gegenstand der Kunstgeschichte sein. Die folgenden Worte Sir Nikolaus Pevsners stehen hier für eine ganze Riege von Kunsthistorikern, die auch aufgrund ihrer persönlichen Verbindung mit der Zeit des Nationalsozialismus keinen adäquaten Zugang finden konnten: „Was die nationalsozialistische Architektur […] angeht, so ist jedes Wort über sie zu viel.“ 1

Diese pauschale Verurteilung mit dem moralischen Zeigefinger blieb lange Jahre die einzige Annäherung an die regimetreue NS-Kunst – genauso wie alles, was im Dritten Reich abgelehnt worden war pauschal idealisiert wurde. Es war ein langer und beschwerlicher Weg, der zu einer objektiveren Aufarbeitung des Themas führte. Erst als sowohl die wissenschaftlichen Methoden als auch die Biografien der Wissenschaftler es zuließen, konnte eine umfassende und sozialkritische Aufarbeitung dieses Teils der deutschen Geschichte beginnen.

Heute sind viele der einstmaligen wissenschaftlichen Hindernisse überwunden: Die Kunstgeschichte ist sich einig, dass eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem Thema wichtig und unumgänglich ist und dass vor der interdisziplinären Analyse der politischen, kulturellen, ideologischen und ökonomischen Faktoren das Zusammentragen aussagekräftigen Quellenmaterials notwendig ist. Dass man sich dabei nicht auf die Verlautbarungen der gleichgeschalteten öffentlichen Organe des Dritten Reichs verlassen kann, war eine Erfahrung, die die Kunstgeschichte erst in den siebziger Jahren machte. 2

Die vorliegende Arbeit macht den Versuch, basierend auf umfangreichem Quellenmaterial die Geschichte der Ausstellung ‚ Schaffendes Volk‘ nachzuzeichnen. Es sind nicht nur Aufbau und Inhalt der Ausstellung, die mich dabei interessieren, sondern vor allem auch diepolitisch-gesellschaftliche Gesamtsituation, in der sie stattfand. Die Ausstellung hatte eine Vorgeschichte und ein Nachspiel. Ihre Entstehung und ihr Aussehen wurden von drei Interessengruppen maßgeblich geprägt: Die Stadt Düsseldorf und der Deutsche Werkbund, die beide nach der Fortsetzung ihrer Ausstellungstradition trachteten sowie die Führung der NSDAP in Düsseldorf und im Reich, die in der Veranstaltung einer großen Ausstellung die Chance sah, das ‚Neue Deutschland‘ zu propagieren.

Da bisher über diesen Gegenstand sehr wenig geschrieben worden ist, war mein erstes Ziel das Sammeln von Material, um zunächst ein genaues Bild von der Ausstellung und ihrer Entstehungsgeschichte zeichnen zu können. Die Suche nach Kontinuitäten, wie sie Kier beschreibt, war ein weiteres Anliegen dieser Arbeit:

„Es ist schwer zu akzeptieren und noch schwerer zu vermitteln, in welchem Ausmaß in allen Lebensbereichen 1933 und 1945 nicht Bruch, sondern Kontinuität bedeuten, eine bisher auch von der Kunstgeschichte noch viel zu wenig aufgearbeitete Tatsache, die sicher wegen der unausbleiblichen persönlichen Betroffenheit besonders schwer fällt“ 3 .

Um zu klären inwieweit die nationalsozialistischen Aktivitäten auf Vorgaben aus der Zeit vor der Machtübergabe basierten waren ausstellungsgeschichtliche und stadtplanerische Entwicklungen zu untersuchen. Auch die mit der Entstehung des Ausstellungsgebietes zusammenhängende Aufschließung des Düsseldorfer Nordens sowie die Planungen zur Umgestaltung Düsseldorfs zur Gauhauptstadt sind unabdingbare Bestandteile dieser Arbeit.

Naturgemäß nimmt der Zeitraum unmittelbar vor und während der Ausstellung den größten Teil der vorliegenden Arbeit ein. Die Ausstellung selbst bot ein thematisch sehr umfangreiches Spektrum und es hätte den Rahmen dieser Studie gesprengt, sämtliche Aspekte zu durchleuchten. So habe ich zugunsten anderer Bereiche darauf verzichtet, Inhalt und Konzeption der einzelnen Hallen detailliert zu dokumentieren. Das umfangreiche Bildmaterial kann aber hilfreich sein für andere Arbeiten, die sich beispielsweise mit der nationalsozialistische Ausstellungsgestaltung befassen. Gewisse Bereiche konnten aufgrund des fehlenden Materials nur vage beschrieben werden, wie z.B. die ersten Planungen des DWB zur Düsseldorfer Ausstellung oder der Zeitpunkt und die Gründe für dessen späteres Ausscheiden aus der Ausstellungsleitung.

Ähnliches gilt für den Zeitraum nach der Ausstellung, der nur in Umrissen skizziert werden konnte. 4

Zur Einordnung der Ausstellung ‚Schaffendes Volk‘ in die Gesamtsituation Düsseldorfs in den Jahren um 1937 gehört auch die Beschreibung der Spannungen, die sich aus parteipolitischen Interessen, der kommunalen Politik, der Kulturpolitik und dem Einfluss einzelner Personen ergaben; es gehören dazu die Zwistigkeiten zwischen Partei und Stadtverwaltung, zwischen Gauleiter und Oberbürgermeister und zwischen Bevölkerung und Verwaltung sowie das Machtgerangel der ‚Kulturdirigenten‘ innerhalb und außerhalb der Ausstellungsleitung.

Weit über diese regionalen Bereiche hinaus hatte die Ausstellung aber vor allem auch nationale Bedeutung. Im Jahr 1937 traten die aggressiven Ziele des Regimes auf den Gebieten der Militär- und Außenpolitik zunehmend deutlicher hervor. Die Vereinnahmung des deutschen Volkes für diese Zwecke war ein erklärtes Ziel der Vierjahresplanausstellung ‚ Schaffendes Volk‘.

Die Ausstellung ist aus historischer Sicht nicht zuletzt deshalb von großer Bedeutung, weil hier der Versuch gemacht worden war, die unterschiedlichsten Aspekte – Kunst, Architektur, Gartenbau, Raumplanung, Siedlungswirtschaft, Industrie – zusammenzuführen und das Ergebnis unter Einbeziehung sowohl regionaler als auch nationaler Interessen als ein unzweifelhaft nationalsozialistisches Produkt zu präsentieren. Das daraus entstandene Bild kann heute helfen das sich entwickelnde nationalsozialistische Selbstverständnis zu analysieren, denn 1937 waren viele (kultur-) politische und parteiprogrammatische Fragen noch völlig ungeklärt.

Zudem stand Deutschland 1937 an einem Wendepunkt, denn hier wurde für jedermann sichtbar, dass das totalitäre faschistische Regime das Land für einen Krieg rüstete, um es in die unausweichliche Katastrophe zu führen. In der Geschichte der Ausstellung spiegeln sich die Grabenkämpfe der einzelnen nationalsozialistischen Strömungen wider. Als Mittel zur Volkslenkung bestimmt, verriet sie dem aufmerksamen Beobachter aber auch die tatsächlichen Ziele der Politik: Die wirtschaftliche Unabhängigkeit des „Volkes ohne Raum“ war nach Ansicht der Machthaber nur durch eine Ausdehnung gen Osten und somit durch den billigenden Einsatz kriegerischer Mittel möglich. Zur Erreichung der nationalsozialistischen Ziele war die aktive oder passive Unterstützung des deutschen Volkes notwendig. Die Propaganda war das Mittel, um den Volkswillen zu lenken. Die Vierjahresplanausstellung ‚ Schaffendes Volk‘ war eines der wichtigsten Propagandamittel des Jahres 1937.

Die vorliegende Arbeit beruht vor allem auf den Quellen des Düsseldorfer Stadtarchivs (StAD), hier insbesondere auf dem umfangreichen Aktenbestand der ehemaligen Ausstellungsleitung ist. Als ergiebig erwiesen sich ebenfalls die Ordner des Oberbürgermeisters Wagenführ sowie die Nachlässe des Stadtrates Horst Ebel und des Architekten Arnold Emundts. Die Quellenlage Bereichen, die nicht direkt die Ausstellung dokumentieren, war eher dürftig, insbesondere im Hinblick auf die Rolle des Deutschen Werkbundes. Daher dienten mir als Ergänzung vor allem Zeitschriften und Zeitungen aus der damaligen Zeit.

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1. Zit. in Schäche 1998:11
2. Vgl. zur Geschichte der NS-Kunst-Rezeption auch Reichhardt/Schäche 1998; Mittig 1993, Hinz 1986
3. Kier 1994:9
4. Insbesondere durch den Expansionsdruck der Düsseldorfer Messe ist das in direkter Nachbarschaft liegende Nordparkgelände auch im Jahre 1998 immer wieder Gegenstand städtebaulicher Planungen.

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