Der Bebauungsplan von 1928

Im 20. September 1928 hatte die Stadtverordnetenversammlung über zwei Generalbebauungspläne zu entscheiden, mit denen sie sich nach einer Erläuterung durch den Beigeordneten Knopp einverstanden erklärte. 1 Der eine Plan betraf ein Gelände in Stoffeln, das außer einigen Straßenumlegungen vor allem durch die Anlegung eines Sommerbades mit einem Herren- und einem Damenbecken von 20 x 50 Metern und einem Planschbecken von 40 x 100 Metern an der Stelle der heutigen Philipshalle in Oberbilk beeindruckte. 2 Der Bau dieses Bades wurde zwar begonnen, aber – wahrscheinlich durch die unruhige wirtschaftliche Lage der folgenden Jahre – nie beendet. Man entschied sich offensichtlich dafür, das Bäderprojekt fallenzulassen und stattdessen eine große Freifläche für die Oberbilker Bevölkerung zu schaffen. Aber auch diese Arbeit kam nur sehr langsam voran, obwohl zeitweise mehr als 300 „Arbeitsfürsorgler“ beschäftigt waren. Nachdem 1933 die Arbeit völlig eingestellt worden war, lies die Stadt das Gebiet während des Krieges von jüdischen Zwangsarbeitern zu einem Kriegsgefangenenlager ausbauen. 3

A313 Der städtische Bebauungsplan von 1928 Q DN 28.8.1928.jpg
A313 Der städtische Bebauungsplan von 1928 Q DN 28.8.1928.jpg

Der zweite Generalbebauungsplan betraf Stockum und Golzheim, der „beste[n] Wohn- und Freiflächenanlage Düsseldorfs“, dem „Zukunftsgelände der Stadt“ 4 . Dieser in Zusammenarbeit diverser städtischer Behörden entstandene Bebauungsplan hatte einen betont flexiblen Charakter, indem er zwar die Richtlinien für die zukünftige planmäßige Entwicklung festlegen, aber weder in zeitlicher noch in inhaltlicher Hinsicht vorschreiben sollte. 5 Das Gebiet sollte im wesentlichen als Freifläche erhalten bleiben, teils als Wohngebiet, das das Düsseldorfer, Mülheimer und Duisburger Bedürfnis nach „guten Landhauswohngebieten“ befriedigen sollte, teils als Ausflugsziel, mit Sport- und Erholungsstätten. So sah der Bebauungsplan einen Volkspark von 150 Hektar Gesamtfläche incl. Schulgärten und Kleingartenanlagen (ca. 1500) vor, einen Stadionpark mit „Anlagen für die Abwicklung eines olympischen Festes“ 6 und zahlreichen Anlagen des gesellschaftlichen Sports, einen 9-Loch-Golfplatz, ein Kulturzentrum mit mehreren kleinen Bauten, eine Schlageter-Gedächtnisstätte, einen erweiterten Friedhofsvorplatz für den Nordfriedhof, eine Schützen- und Aufmarschwiese, die für Volkfeste zur Verfügung stehen sollte, u.a. um die „improvisierten Verhältnisse auf den Oberkasseler Rheinwiesen“ hierher zu verlagern, die jeden „stimmungsvollen Rahmens entbehr[t]en“ und „verkehrlich unmöglich“ geworden waren. 7 Für zukünftige Ausstellungen war ein Ausstellungsgelände von 65 ha geplant, 8 das durch Hinzunahme einzelner Teile des Stadionparks auf 110 ha erweiterbar war (die Londoner Weltausstellung 1925 hatte 88 ha beansprucht). 9 Die verkehrliche Anbindung dieses außerhalb gelegenen Nordgebietes sollte durch verschiedene Ausfallstraßen, zwei neue Rheinbrücken sowie Rhein- und Reichsbahnanschlüsse und einen Ausstellungsbahnhof, der auch die Stadionbesucher bedienen konnte, gewährleistet werden. Zu Ausstellungszeiten sollte diese Infrastruktur einen Stoßverkehr von 40.000 Menschen in der Stunde verkraften können. 10

A303 Entwurf des Volksparks von Leberecht Migge WMB 5.1930 241
A303 Entwurf des Volksparks von Leberecht Migge WMB 5.1930 241

Weitere Reserveflächen blieben erhalten als Erweiterungsmöglichkeiten für den Flughafen und den Nordfriedhof. Wie bei der Freifläche Stoffeln wurde auch dieses langfristige Projekt nicht umgesetzt. Lediglich mit den Vorarbeiten für die Kultivierung der Golzheimer Heide war 1929 begonnen worden. 11 Der Worpsweder Architekt Leberecht Migge fertigte 1928 in Zusammenarbeit mit dem Düsseldorfer Stadterweiterungsamt einen Plan für „einen der kühnsten Parkvorstöße“, einen ‚ Kolonialpark‘ mit Siedlungen, Kleingärten, Sport-, Jugend- und Erwerbsgärten, Autostraßen und Parkplätzen vereint in einem „großen arbeitsamen Parkgebilde“ 12 , der durch Wertsteigerung der umgebenen Flächen und Einnahmen z.B. für Parkflächen und Schrebergärten eine rentable Kostenbilanz erreichen sollte. Es ist zu vermuten, dass dieser Plan von der Stadt in Auftrag gegeben worden war, um das Vorhaben zu konkretisieren. Auch wenn es nie zu einer Verwirklichung kam, so blieben die Vorschläge, die der Bebauungsplan von 1928 für die Gestaltung des Düsseldorfer Nordgebietes machte, auch in den folgenden Jahren aktuell. Nach der Machtübergabe projektierte die Stadtverwaltung noch den Ausstellungspark an gleicher Stelle, 13 selbst die Bezeichnung ‚Volkspark‘ war noch 1937 aktuell, 14 wesentliche Veränderung war allerdings die Erweiterung des Schlageterhains zu einem gigantischen Forum.

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A307 Das Ausstellungsgelände im städtischen Bebauungsplan von 1928 Q StAD iii22863.jpg
A307 Das Ausstellungsgelände im städtischen Bebauungsplan von 1928 Q StAD iii22863.jpg
A308 Der Zustand des zukünftigen Ausstellungsgeländes im städtischen Bebauungsplan von 1928 Q StAD iii22863.jpg
A308 Der Zustand des zukünftigen Ausstellungsgeländes im städtischen Bebauungsplan von 1928 Q StAD iii22863.jpg


1. Stenographische Verhandlungsberichte der Stadtverordnetenversammlung von 1928, Sitzung vom 20.9.1928
2. DT vom 6.9.1928
3. StAD iv 18064, ‚Freifläche Stoffeln‘
4. StAD iii 22863, Bebauungsplan 1928:4
5. Stenographische Verhandlungsberichte 1928, Sitzung vom 20.9.1928:243
6. StAD iii 22863, Bebauungsplan 1928:20
7. Stenographische Verhandlungsberichte 1928, Sitzung vom 20.9.1928:244
8. Bereits vor dem ersten Weltkrieg hatte man die Golzheimer Heide als potentiellen Ort für die Ausrichtung der „ersten Weltausstellung in Deutschland“ anvisiert, vgl. Bauwelt 37.1912:35-36
9. StAD iii 22863, Bebauungsplan 1928:19
10. StAD iii 22863, Bebauungsplan 1928:28
11. Stenographische Verhandlungsberichte vom 28.4.1930:97
12. Migge 1930 (a):241
13. Ebel 1933 VP Nr. 153 vom 4.7.1933
14. Kölnische Zeitung vom 8.5.1937, Morgenblatt Nr. 229

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