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Planungen: Der Schlageterpark
Während der Ausstellung war in der Ehrenhalle der NSDAP, dem heutigen Maximilian-Friedrich-Weyhe-Haus, das von Peter Grund erstellte Modell zur Umgestaltung des Ausstellungsgeländes zum Schlageterpark gezeigt worden. 1 Dieser Entwurf baute auf dem auf, was die Ausstellung hinterlassen würde: Die Fahnenallee sollte auch hier das Zentrum bilden und zur ‚Straße des Lebens‘ ausgebaut werden, um die Achse zwischen dem Schlageterforum und einem direkt am Rhein gelegenen öffentlichen Gebäude zu bilden. Eck auf Eck mit diesem Gebäude stand die dringend benötigte Kongresshalle der „Tagungsstadt“ Düsseldorf. Die südlich gelegene Schlageterstadt wurde erweitert und erhielt ein Pendant nördlich der Achse. Die Gartenanlagen sollten zum größten Teil erhalten bleiben und den würdigen Rahmen bilden.
Die Presse nahm Grunds Vorschlag nicht sehr begeistert auf. Vor allem kritisierte sie den Charakter der projektierten Bauten, die in ihrer Monumentalität das Naturhafte der niederrheinischen Landschaft zerstören würden, 2 denn man war sich einig, dass keine Stadt im Westen auf ihrem Ausstellungsgelände mit einem so weiten Horizont aufwarten konnte. 3 Auch wehrte man sich dagegen, den Standort der neuen Kongresshalle in so großem Abstand von der Innenstadt zu wählen, wodurch eine Wirtschaftlichkeit des Unternehmens nicht gewährleistet wäre. Ein weiteres Vorrücken in den Norden für die Erschließung eines neuen Ausstellungsgeländes für die Zukunft wurde zwar zunächst in Erwägung gezogen, dann aber ausgeschlossen, da sich der Deich nördlich der Schnellenburg vom Rhein entfernt hatte und somit das neue Gelände nicht mehr am Fluss zu liegen käme. 4 Stattdessen wollte man den Park auch als zukünftiges Ausstellungsgelände erhalten, da Düsseldorf es sich nicht leisten könne für jede neue größere Ausstellung ein neues Gelände zu erschließen. Außerdem könne dann auch die Schnellenburg erhalten bleiben. 5
Zur Ausführung des Grundschen Modells kam es nicht, wobei nicht feststeht, ob das Vorhaben ‚Schlageterforum‘ lediglich aufgeschoben und durch den Kriegsausbruch letztendlich verhindert wurde oder ob die Stadt den Plan aus finanziellen oder anderen Gründen aufgegeben hat. Auf einer Tagung der Städtebauakademie im September 1937 wurde jedenfalls verkündet, dass das Ausstellungsgelände einschließlich der Stadionanlage und des Schlageterehrenmals zum zukünftigen „ Nordpark“ ausgebaut würde. Eine großzügige Erweiterung der Schlageterstadt war somit ausgeschlossen. 6
Abbruch der Hallen und Aufräumarbeiten
Auch wenn die zukünftige Gestalt des neuen Nordparks noch diskutiert wurde, so stand doch fest, dass die provisorischen Bauten auf dem Gelände entfernt werden mussten. Das Abtragen der Hallen war Aufgabe der Aussteller, die verpflichtet waren, die von ihnen erstellten Gebäude nach Beendigung der Ausstellung umgehend abzureißen, die Fundamente zu sprengen und aufzustapeln und das Gelände so zu verlassen, wie sie es vor der Ausstellung angetroffen hatten. Für die weiteren Aufräumung stand 1 Millionen Mark aus dem Nachtragshaushalt der Stadt Düsseldorf zur Verfügung. 7 Sieben Monate nach dem Ende der Ausstellung waren die Hallen noch nicht zur Hälfte abgeräumt. Außer weiteren zerbrochenen Fensterscheiben hatte sich lange nichts getan, die Düsseldorfer Nachrichten hatten bereits beanstandet, es wohne in den „öden Fensterhöhlen das Grauen“, 8 als man endlich mit verstärktem Einsatz ans Werk ging. Binnen zweier Monate sollten alle Hallen und Gebäude dem Erdboden gleichgemacht sein. Dennoch scheint sich das Vorhaben noch lange hingezogen zu haben. 9 Lediglich der Wiederaufbau der Uferbefestigung ging zügig voran. Die Stadt plante hier zudem die Errichtung eines Rheinstrandbades, das das Stadionbad während der Sommermonate entlasten sollte. 10
Die ersten Schwierigkeiten bezüglich der Verantwortung für den Restbestand der Ausstellung traten bereits kurz nach der Schließung derselben auf. So stritt man sich innerhalb der Stadtverwaltung um die Zuständigkeit für die kleine Leuchtfontäne und die Wasserachse. Die Stadtverwaltung hatte diese zwar prinzipiell übernommen, nun wollten aber weder das Gartenamt noch die Stadtwerke die finanzielle Verantwortung und Wartung für die pflegeintensiven Anlagen übernehmen. Begründet wurde dies im wesentlichen mit fehlendem Personal. Zwar hatte das Gartenamt genügend Angestellte, die zudem im Gefolgschaftshaus, also in direkter Nähe zu den Wasserspielen, untergebracht waren, doch sollten die Anlagen möglichst von einem Ingenieur fachgerecht bedient werden, weil ansonsten der Verfall der teuren Wasserspiele vorprogrammiert sei. Da die Betriebskosten der Anlagen mit 50 bis 60 RM pro Stunde zu Buche schlugen, wurden die Wasserspiele und die Leuchtorgel nur zu besonderen Anlässen eingeschaltet.
Nachdem feststand, dass eine weitere Bebauung des Geländes ausgeschlossen war, kam es zu Auseinandersetzungen mit den Interessenten, denen Baugrundstücke auf jenen Parzellen versprochen worden waren, wo während der Ausstellungszeit die Hallen gestanden hatten. Da die Möglichkeit der Bebauung durch die neuen Beschlüsse wegfiel, fühlten sich einige der Interessenten betrogen, zumal ihnen auch kein alternatives Bauland von der Stadt angeboten wurde. Die einzige Möglichkeit, dennoch ein Haus in der Schlageterstadt zu ergattern, lag in dem Kauf eines der sechs Musterhäuser, die nach der Ausstellung von der Stadt veräußert werden sollten. Die sechs Musterhäuser versuchte man so verlustdeckend wie möglich abzustoßen. Zunächst fand man nicht genug interessierte Käufer, die bereit waren, die teilweise sehr überhöhten Preise zu zahlen. Daher schaltete die Stadt mehrere Makler ein und wandte sich auch direkt an potentielle Käufer, wie die Vereinigten Stahlwerke, die allerdings ablehnten. 12 Als Anfang 1938 zwei der Häuser immer noch nicht verkauft waren, entschloss sich die Stadt, diese zu 205 RM bzw. 210 RM zu vermieten (GS 74 und 86). Als sich dann doch noch ein Interessent für eines der beiden Häuser fand, hatte die Stadt es bis Mitte Februar 1938 geschafft, mit einer Ausnahme alle Häuser zu verkaufen. Bei den kleineren gelang es, fast die gesamten Kosten wieder hereinzuholen. Lediglich bei GS 81 machte man etwa 11.000 RM Verlust. Das letzte Haus wurde endgültig vermietet, doch fand der Mieter in dem Haus nicht sein Glück. Weil das Haus nicht zu bewirtschaften sei – sehr hohe Heizkosten bei sehr geringer Leistung – kündigte er bald wieder. Ihm war es offensichtlich unmöglich, mit den gegebenen Anlagen Warmwasser zu erzeugen und das Haus so zu beheizen, dass es bewohnbar war. Er hatte sogar sein Kind, das in einem Zimmer hatte leben müssen, welches nie wärmer als 15° C wurde, in ein „Kinderheim transferieren“ müssen. Tatsächlich beschreibt er eklatante Mängel und horrende Kosten, die auch durch einen Spezialtarif für Strom nicht auf ein erträgliches Maß gemindert werden könnten. 13 Aus diesen Gründen kündigt er nicht nur das vollelektrisch eingerichtete Haus, sondern verlangte auch von der Stadt eine Beteiligung an seinen entstandenen Unkosten in Höhe von RM 600 RM. Diese weigerte sich zunächst, unterlag aber in einer gerichtlichen Auseinandersetzung und wurde dazu verurteilt, an Herrn Schmidt RM 550 zu zahlen. 14 Durch die schlechte Bewirtschaftbarkeit des Hauses sah die Stadt erneut Kosten für einen Umbau auf sich zukommen, welche sich allerdings in dem Moment auflösten, als endlich ein Käufer für das Haus gefunden wurde. 15 Über den Verkaufspreis ist leider nichts bekannt.
Nach der Schließung der Ausstellung und dem weitgehenden Abbruch der Hallen ging man also an die Herrichtung des Geländes. Zunächst kümmerte man sich um die Gartenanlagen, die vorhanden Lampen, die durch nur lose eingesetzte Scheiben nicht vor Wasser geschützt waren, wurden hergerichtet, man versetzte das Kakteenhaus um 200 Meter und baute dort eine Heizung ein, 16 die Maste der Lichtorgeln erhielten von Graubner gestaltete Verzierungsringe. 17 Einzig wichtige architektonische Erneuerung war der Bau der Gartenhalle als Ersatz für das abgerissene Konditoren-Café. Fritz Becker wurde bereits Ende 1937 mit dem Entwurf beauftragt. Man diskutierte zunächst die Form, die das Gebäude erhalten sollte. Nachdem man zunächst etwas „Leichtes“ an die Stelle des Cafés hatte setzen wollen, z.B. einen Musiktempel, 18 einigten sich Willy Tapp, Fritz Becker und Robert Meyer auf eine größere Gartenhalle, die gleichzeitig als Unterstandsmöglichkeit genutzt werden konnte und mit Gartenmöbeln, einem Büfett und Toilettenanlagen ausgestattet sein sollte. 19 Um das als Abschluss des Pergolaplatzes notwendige Gebäude bereits zum bevorstehenden Stadtjubiläum fertigstellen zu können, ging man sofort an die Arbeit. Allerdings gelang dieses Vorhaben nicht, da die neue Gartenhalle erst im Dezember 1938 fertig zur Abnahme war. Fast zwei Jahre nach der Fertigstellung wurde offensichtlich mangels aktuellerer Bauten in der Deutschen Bauzeitung ein Artikel über das Gebäude veröffentlicht. 20 Das gut 34 m breite und 11 m tiefe Tuffsteingebäude sollte als Schutz vor Unwetter dienen und war somit zweckentsprechend gestaltet. Auf eine Unterkellerung hat man verzichtet, lediglich für die Toilettenanlagen wurde ein Teil der rückwärtigen Terrasse unterbaut. Im Erdgeschoss gibt es einen einzigen, sechs Meter hohen Raum, der sich beidseitig, also sowohl zur kleinen Leuchtfontäne hin als auch zum Tanzring, mit hohen, schmalen Fenstertüren öffnet und so von Leichtigkeit und dem Licht der Sonnenstrahlen durchflutet wird. Eine spartanische Einrichtung – wenige Tische mit flachen, leicht geschwungenen Sitzbänken und zurückhaltende handgeschmiedete Leuchter – korrespondiert mit dem unaufdringlichen Charakter der Gartenhauses. Alles äußerlich sichtbare Holz – Fensterläden, Dachüberstand sowie die Decke der Vorhalle – wurde in Naturtönen belassen. 21 Das recht steile Dach ist ziegelgedeckt und liegt auf Tuffstein-ummantelten Pfeilern auf. Die noch vorhandene Terrasse des abgerissene Konditoren-Cafés konnte in ihrer Form nicht bestehen bleiben, da sie zur Unterbringung des Liliputtunnels stufig angelegt worden war. Diese Funktion bestand nicht mehr und so konnte man das Erdgeschoss des neuen Gartenhauses auf eine Ebene mit dem Vorplatz zur kleinen Leuchtfontäne bringen. Da das neue Gebäude einstöckig war, bedeutete dies gleichzeitig, dass als Verbindung zum rückwärtig liegenden Tanzring eine nach unten führende Treppe eingeplant werden musste. Durch seine Gestaltung fügte sich der schlichte Bau gut in die Umgebung ein und entsprach allein durch das geziegelte Dach dem Charakter der benachbarten Gebäude. Erst im November 1938 verkündete Stadtrat Meyer, dass das Gelände so gestaltet werden solle, dass hier auch zukünftig große Ausstellungen veranstaltet werden können. 22 Vordringlich war die Fertigstellung jenes Teilstücks, das direkt am Rhein lag, denn es sollte bis zur Eröffnung der I nternationalen Verkehrsausstellung in Köln 1940 fertiggestellt sein. Anfang 1939 wurde berichtet, dass dies kaum zu schaffen sei. Zum einen lag das an den fehlenden Arbeitskräften und zum anderen hatte man nicht genug Mutterboden zur Verfügung. Obwohl man zahlreiche Quellen aufgetan hatte, fehlten immer noch etwa 100.000 cbm. Die Finanzen waren hier offensichtlich nicht ausschlaggebend, da Gartendirektor Tapp lediglich 400.000 RM für die notwendigen Arbeiten veranschlagte. Wesentlich teurer sollten die Straßen- und Deicharbeiten kommen, die vom Straßenbauamt auf 1,25 Mio. geschätzt wurden. Zusätzlich zu diesen Kosten mussten noch 60.000 RM aufgebracht werden für sechs (!) neue Skulpturen, die die fehlenden Plastiken an der Wasserachse ersetzen sollten. 23 Anscheinend meinte man, sechs der alten Figuren übernehmen zu können. Tatsächlich konnte Gartendirektor Tapp 1943 Vorarbeiten für zwei der neuen Plastiken begutachten. 24 Wie das Urteil ausfiel, wer die Bildhauer waren und ob die Figuren jemals aufgestellt wurden, ist leider nicht bekannt. Die Kosten für die Fertigstellung der Rossehalter, die während dieser Zeit ausgeführt wurden, kamen in Tapps Auflistung nicht vor.
Zwischen den Ausstellungsruinen auf dem Gelände der ehemaligen Hallenschau schufteten währenddessen die ersten „Bürger zweiter Klasse“. Die Arbeiten auf dem Gelände wurden seit Ende 1939, möglicherweise sogar seit November 1938, dem Beginn des ‚Jüdischen Arbeitseinsatzes‘ in Düsseldorf, von jüdischen Zwangsarbeitern geleistet. Man war damals offensichtlich immer noch damit beschäftigt, alte Ausstellungshallen abzureißen – das Wellenbad stand 1939 noch am alten Ort 25 – und anschließend das Erdreich von den Fundamenten zu befreien. 26 Ein Brief von Georg Nathan, einem der damaligen Zwangsarbeiter, gibt über die primitiven Arbeitsbedingungen der „Buddel-Ingenieure“ auf dem ehemaligen Ausstellungsgelände Auskunft:
„Unsere Arbeit ist zur Zeit Erdarbeit. Wir planieren z.Zt. für die Stadt Düsseldorf das Gelände der ehemaligen Ausstellung. Da müssen die ganzen Fundamente der Ausstell-Gebäude [sic!] aus der Erde herausgebuddelt werden. Deshalb nennt man uns auch Buddel-Ingenieure. Da sind Betonklötze mit dem Hammer (Zuschlaghammer) zu zerkleinern. Die Stücke werden mit Schienenloren abgefahren und aufgetürmt, später mit Lastautos abgeholt und zum Straßenbau verwendet. Hier müssen Erhöhungen abgetragen werden und an anderer Stelle Vertiefungen zugeschüttet werden, u.s.w., u.s.w.“ 27
Es waren etwa 150 Juden im Alter zwischen 15 und 70 Jahren im Einsatz. Der 52jährige Georg Nathan brach Anfang 1940 bei der Arbeit zusammen und starb wenige Tage später an den Folgen. 28
[→ weiter]
1. RLZ vom 17.6.1937
2. E. Sch. 1937
3. DN vom 26.5.1938
4. G. Schneider 1937:20
5. E. Sch. 1937
6. RLZ vom 5.9.1937
7. StAD iv 18675, Protokoll vom 12.2.1939
8. DN vom 26.5.1938
9. DN vom 26.5.1938
10. DT vom 15.3.1938
11. StAD iv 18675, Bericht vom 5.8.1938
12. StAD iv 18218, o.D.
13. StAD iv 18218, Brief von Schmidt vom 9.9.1938
14. StAD iv 18218, Vermerk vom 18.1.1939
15. StAD iv 18218, Bericht vom 8.9.1938
16. StAD iv 18675, Bericht vom 10.3.1938
17. StAD iv 18675, Protokoll vom 23.4.1938
18. StAD iv 18675, Willy Tapp am 19.11.1937
19. StAD iv 18675, Protokoll vom 7.2.1938
20. Vgl. DBZ 1937 (e), K140
21. DBZ 1937 (e), K137
22. StAD iv 18675, Bericht vom 11.11.1938
23. StAD iv 18675, Protokoll vom 5.1.1939
24. StAD iv 18675, Vermerk vom 30.1.1943
25. StAD iv 18217, o.D.
26. Suchy o.O., o.J
27. Brief von Georg Nathan vom 22.10.1939, zit. in Suchy, o.S., o.J
28. .Suchy o.S., o.J.