Musterhaus Grundstück 45

Hans Nicolaus Schröder baute im Auftrag der Stadt auf Grundstück 45 für 19.850,84 RM ein Musterhaus „für einen Obersteiger“. Das Grundstück befand sich am nördlichen Rand der Schlagetersiedlung und grenzte an ein kleines Wäldchen, das die Siedlung vor einer Kläranlage abschirmte. Das Haus lag abgerückt von der Straße im hinteren Teil des Grundstücks. Das fast quadratische Erdgeschoss gliederte sich in eine große Wohnhalle mit Balkendecke und Kaminerker, eine Küche, einem Badezimmer und einem Schlafzimmer. An den Wohnbereich schloss sich im hinteren Gartenbereich ein Raum für Arbeitsgeräte an. Von der Wohnhalle führte eine Treppe in den Flur des Obergeschosses, von dem vier weitere Räume abgingen: ein Kinderspiel- und Wohnzimmer, ein Kinderschlafzimmer, ein Gästezimmer und ein weiteres Bad. Geheizt wurde das Haus mit Kohle, während in der Küche Gasanschlüsse vorhanden waren. Die Inneneinrichtung des Hauses – Möbel, Teppiche und Dekoration – lag in den Händen der NS-Kulturgemeinde, 1 dessen Architekt Voß eng mit Schröder zusammengearbeitet hat. 2 Die Wohnstube erinnerte mit ihrer bäuerlich-derben Gestaltung an eine Bühnenausstattung. Die Liste der im Haus befindlichen Einrichtungsgegenstände vermittelt ein klares Bild des völkischen Charakters der einzelnen Zimmer. Es waren u. a. zu finden: strohgeflochtene Stühle, ein Schlafzimmer aus bemalter Tanne, Flickenteppiche, ein Räuchermann, ein pommerscher Fischerteppich, ein gestickter, roter Wandbehang usw. Bei der Ausgestaltung des Hauses durch die NS-Kulturgemeinde kam es zu Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit der AL, da diese Vereinbarungen nicht einhielt. 3 Die Differenzen waren so schwerwiegend, dass die NS-Kulturgemeinde zunächst ihr Angebot wieder zurückzog, das Haus einzurichten. Aber auch als die Ausstellung eröffnet war, zeigte sich die Parteiorganisation nicht zufrieden mit dem Ergebnis und ließ das Schild entfernen, das im Haus darauf aufmerksam machte, dass die Kulturgemeinde für die Ausgestaltung verantwortlich zeichnete, da „die Einrichtung nicht [ihrem] Wunsch entsprach“ 4 . Die reinen Baukosten beliefen sich auf 15.160 RM. 5

A900 Wohnstube im 'Haus des Obersteigers' Q ID 1937.354
A900 Wohnstube im ‚Haus des Obersteigers‘ Q ID 1937.354
A901 Grundrisse GS 45 Q StAD xviii 1810
A901 Grundrisse GS 45 Q StAD xviii 1810

[weitere Hausbeispiele]


1. Die NS-Kulturgemeinde hatte es sich zum Ziel gesetzt, auch finanzschwachen Volksgruppen das Teilhaben am künstlerischen Leben zu ermöglichen. Hervorgegangen aus einer Theater- und Konzertbesucherorganisation war ihr Anliegen, auch dem „Mann aus dem Volke“ gute Kunst nahezubringen; RLZ Nr. 200 vom 23.7.1937
2. StAD xviii 1790 Hausakte Grundstück 45
3. StAD xviii 1792
4. StAD xviii 1792
5. StAD xviii 1790 Hausakte Grundstück 4


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