Viel beachtet war ebenfalls der Gebäudekomplex am Rhein von Emil Fahrenkamp, zu dem neben einigen Ausstellungshallen der Kongresssaal sowie das Ausstellungs-Hauptrestaurant gehörten. Im seitlichen Flügel befanden sich die Hallen der Demag, Rheinmetall-Borsig und Gerresheimer Glas. Der Grundriss des gesamten Gebäudes war trapezförmig mit gebogener Ober-und Unterkante und hatte in der Mitte eine Aussparung als Innenhof. Zwei große Terrassen zum Festplatz hin, eine frei, die andere überdacht, gehörten zum Restaurant, eine große Freitreppe aus scharriertem Kunststein schuf die Verbindung. 1 Die Fassade war durchgehend weis und glatt, lange Fensterreihen wirkten „unerhört leicht und einfach, aber eindrucksvoll“. Farbige Markisen gaben dem Gesamteindruck eine heitere Note, 2 die den Charakter als Freizeit- und Erholungsraum betonte. Verkaufsstände für Tabakwaren und Süssigkeiten hatte Fahrenkamp in das Gebäude integriert. In der Dunkelheit beeindruckte der Komplex durch die künstlerische Beleuchtung. 3
Fahrenkamp hatte sich bemüht, die Kosten für das erst in der letzten Planungsphase entwickelte Gebäude niedrig zu halten, 4 ohne dabei im Hinblick auf den ästhetischen Anspruch Zugeständnisse zu machen. Als Baumaterial wählte er Holz, auch wenn er damit Formen schuf, die mehr an Betonbauten erinnerten. Fahrenkamp: „Ausstellungsbauten erlauben es dem Architekten, sich bis zu einem gewissen Grad vom Werkstoff zu lösen. Die Ausstellungsarchitektur ist eben bis zu einem gewissen Grad imaginär.“ 5 Durch die Verwendung von serienmäßig hergestellten Balken und handelsüblich profilierten Hölzern konnte die Konstruktion schnell und mit größtmöglicher Wirtschaftlichkeit aufgebaut werden. Die raffinierte, aber einfache Form des Holzgerüstes mit seiner Umhüllung aus weißem Stahlgewebeputz 6 und den immer wiederkehrenden Gestaltungselementen – Dachstützen-Henkel, Glasvorbauten, rhythmisch gesetzte Fenster- und Zwischenfelder – trugen zu der kostensparenden Bauweise bei: 7 Gesamtkosten: 1.235.000 RM. 8
Die Bauhütte lobte die „Kühnheit der Technik“ und „Klarheit der Form“ 9 , nichts sei hier „äusserlich national“, eher sei die „Tendenz einer internationalen Technokratie“ erkennbar. 10 Etwas kritischer beurteilten die Monatshefte für Baukunst und Städtebau den Hallenkomplex:
„Denn die vom Boden bis zum Gesims durchgehend schlanken Pfeiler Fahrenkamps, mit denen er Durchgänge graziös aufteilt, sind in Holz übersetzte Betonformen. Sie wirken auch im Lichtbild sehr dekorativ. Und wenn man auch die ketzerische Frage stellen wollte, wie die Hallen wohl gewirkt hätten, wenn man auf das Stützenmotiv hier und da verzichtet hätte, so erübrigt sich doch auch die Antwort. Ebenso ist die Frage müssig, ob man die kleinen Pavillons am Rhein, in denen Zigaretten und Erfrischungen freigehalten werden, hätte weglassen können, um von der Terrasse des Hauptrestaurants den freien Blick auf den Rhein zu haben. Durch den großen Springbrunnen nämlich, sieht man vom Rhein ohnehin nichts. In seinen Abmessungen und in der Begrenzung durch weisse Putz- und spiegelnde Glasflächen gehört der Hauptfestplatz zu den schönsten Raumwirkungen, die auf der Ausstellung zu finden sind. Und da hier von der Raumwirkungen gesprochen wird, möchte man sie gerne betonen und sagen, dass es in der Architektur außer Achsen auch noch Räume gibt.“ 11
Innen war das Hauptrestaurant mit naturlasierten Sperrholzplatten verkleidet. Die Helligkeit, die das Gebäude außen ausdrückte, fand sich durch die hineinströmende Lichtfülle auch im Inneren wieder. 12 In dem Komplex befand sich „die größte Küche Deutschlands“ 13 . 5.000 Portionen konnten hier stündlich abgegeben werden, das Restaurant fasste 4.000 Besucher, weitere 1.000 konnten im anschließenden Festsaal Platz finden. 14 Modernste Einrichtungen, die alle eigens für die Nutzung im Hauptrestaurant gebaut worden waren, 15 machten eine äußerst effektive, zeit- und materialsparende Arbeitsweise möglich. Größte Wichtigkeit hatte die Reinigung des Geschirrs. An einem Tag mit Hochbetrieb benötigte man mehr Teller und Tassen als in mehrere Eisenbahnwaggons gepasst hätten. Da dieser Platz nicht vorhanden war, wurde eine süddeutsche Firma beauftragt, eigens eine Geschirrspüleinrichtung zu konstruieren, die dem hohen Bedarf gerecht werden konnte. Unter den Augen der Ausstellungsbesucher, die durch große Glasfenster das Geschehen verfolgen konnten, verschwand am laufenden Band Geschirr und wanderte automatisch in Geschirrkästen mit Spülanlagen. 16 Anfallende Speisereste wurden vorher automatisch entfernt und als Viehfutter in Tonnen gesammelt (Motto: Kampf dem Verderb). Die Ausstattung der 1.500 qm große Küche: fünf große Gasherde mit dezentralen Feuerstellen, sechs Suppenkessel (500 l), 12 Kippkessel (50 l), 4 Kippbratpfannen, 5 moderne Grillöfen, ein 80 m langes Gehänge, 100 Regale, ein Spezialkühlraum für Fische, die in einem großen Wasserbecken ihrer Bestimmung harrten, insgesamt 18 Kühlräume auf 250 qm Fläche, eine Spüleinrichtung mit drei Boxen, die im Lokal das Geschirr aufnahmen, das auf den laufenden Bändern in die Spülküche gelangte. 17 Betrieben wurden die meisten Geräte mit Gas, neben den Herden, Brat- und Backöfen und dem Backkocher auch die Kaffeemaschinen, der Geschirrspüler und die klimatisierende Heizung. 18 Man war sich offenbar bewusst, dass die Versorgung und das Vergnügen für die Besucher z.T. wichtiger sein würde als die Kunststoffschau. 19 Für den reibungslosen Ablauf des gesamten Betriebes war eine intensive Zusammenarbeit des Architekten mit dem Betreiber unerlässlich. Fahrenkamp hatte sich daher eingehend mit dem zukünftigen Pächter Fritz Mindermann über die Einrichtung der Großküche verständigt.
Der sich in dem Gebäude ebenfalls befindliche Kongresssaal bildete das Mittelstück des Baukomplexes Kongresshalle-Hauptrestaurant und nahm die Trapezform des Gesamtkomplexes wieder auf. Der Zugang zu dem Festsaal von Fahrenkamp verlief durch einen kleinen Fahnenhof mit dreieckigen Fahnen an steilen Schrägmasten, über den man in einen weiteren, ebenfalls trapezförmigen Hof mit Umgang, Blumen und Springbrunnen gelangte und durch diesen in den eigentlichen Festsaal. 20 Der mit den umliegenden Ausstellungshallen organisch verbundene Raum mit 36 m mittlerer Breite und 42 m mittlerer Länge war ursprünglich völlig freitragend gedacht, doch hatte man aus Gründen der Raumentwicklung nach den Plänen Fahrenkamps vier Stützen angeordnet. 21 Der Kongresssaal mit seinen in Kassetten aufgeteilten Innenwänden hatte ein Fassungsvermögen von 2.000 Personen und bot während der Ausstellung nicht nur Raum für Kongresse sondern diente auch mit abwechslungsreicher Unterhaltung auf seiner Kabarettbühne. 22 Der Charakter des Hauptfestplatzes wurde von der Architektur der Fahrenkamp’schen Bauten dominiert. Beide zusammen ergaben eine Einheit, was der Intention Fahrenkamps entsprach: die Bauten sollten nicht um, sondern mit dem Festplatz am Rhein erstehen. 23 Die hohen Arkaden und langen Fensterbänder wiesen in die Vertikale und korrespondierten so mit den 25 Betonfahnenmasten und den verschiedenen Wasserfiguren der Leuchtfontäne.
1. Deutsche Bauhütte 1937, S. 220
2. Witthaus 1937, S. 317
3. Dietz 1937 FAZ
4. Das Gesicht der Ausstellung hatte sich in den letzten 6 Monaten gewandelt, man hatte die Hauptfront mit dem großen Festplatz an den Rhein verlegt; StAD xviii 1707, Rede Maiwald 25.9.1936
5. Fahrenkamp 1937 (b), S. 340
6. Deutsche Bauhütte 1937, S. 220
7. Deutsche Bauhütte 1937, S. 220
8. Hattrop 1937, S. 101
9. Deutsche Bauhütte 1937, S. 220
10. Deutsche Bauhütte 1937, S. 220
11. LI in Baukunst 1937, S. 206
12. Deutsche Bauhütte 1937, S. 221
13. Dietz 1937 (b), S. 44
14. Dietz 1937 (a)
15. Dietz 1937 (a)
16. Dietz 1937 (b), S. 44
17. Dietz 1937 (a)
18. L. 1937, S. 54 Gasmitteilungen 4.1937:54
19. Deutsche Bauhütte 1937, S. 220
20. L.S. BAUWELT 22-1937:487
21. Bücher 1937, S. 431
22. Dietz 1937 (a)
23. Fahrenkamp 1937 (b), S. 338