Für das leibliche Wohl der Besucher wurde auf der Ausstellung natürlich auch gesorgt. Neben dem Hauptrestaurant am Festplatz mit seinen 5.000 Sitzplätzen 1 gab es zahlreiche weitere Möglichkeiten der Verköstigung. Allein in den etwa 20 Restaurants, Gaststätten und Erfrischungsräumen im Vergnü-gungspark konnten etwa 25.000 Menschen gleichzeitig bedient werden. 2 Die verschiedenen Gaststätten boten nicht nur regionale Spezialitäten, sondern zeigten sich auch äußerlich regional: das ‚ Haus Oberbayern‘ bayerisch, der ‚ Bocksbeutel‘ fränkisch, die ‚ Steinhäger-Stube‘ westfälisch, die ‚Jäger- und Fischer-Stube‘ niedersächsisch, das ‚ Bremme-Haus‘ Bergisch, ‚ Rhenania‘ niederrheinisch, der ‚Röstling‘ harzerisch, die ‚Schifferstube‘ Hamburgisch und der Weinkeller konnte seine Anlehnung an das Moseltal nicht leugnen. 3
Die Ausstellungsleitung hatte geglaubt, dass die zunächst geplanten 20.000 Sitzplätze nicht ausreichen würden und hatte daher zusätzliche, provisorische Plätze im Vergnügungspark geschaffen. 4
Im Kurparkatmosphäre ausströmenden Café der Konditoreninnung erhielt jeder Gast für 1,50 RM ein Stück Sahnekuchen. Trotz dieses Preises erfreute sich der angebotene Kuchen großer Beliebtheit, denn obgleich die Wirtschaftslage als gut bezeichnet werden konnte, gab es durch die Kriegsvorbereitungen und den Devisenmangel Engpässe bei Lebensmitteln wie Eier, Butter, Speck, Schmalz oder Sahne. 5 Nur während der Ausstellung erhielt jeder Gast ein Stück, da das Wirtschaftsamt der Stadt für die ausreichende Versorgung verantwortlich war. Durch diese besonderen Anstrengungen wollte man den Wohlstand Deutschlands besonders für die zahlreichen ausländischen Besucher unter Beweis stellen, was zumindest in einem Fall gelungen zu sein scheint: Eine junge amerikanische Journalistin, die mit Suppenwürfeln im Gepäck nach Deutschland gekommen war, wurde „unter anderem auch sehr drastisch mit Schlagsahne in ihrer Meinung über das hungernde Deutschland korrigiert“. 6 Da die Preise in den Gaststätten für den normalen ’schaffenden‘ Menschen jedoch kaum erschwinglich waren, gab die Ausstellungsleitung nach einiger Zeit den Wünschen der Besucher nach und erlaubte neben den Restaurants auch Würstchenverkaufsstände, die sich zu den „Hauptrestaurants des kleinen Mannes“ entwickelten. 7
Der Vergnügungspark
Die Zeit, „wo man in falsch verstandener Ethik und Muckertum lange überlegte, ob eine ernsthafte Ausstellung überhaupt durch einen Vergnügungspark belastet werden dürfe“, sei vorbei. 8 Dies war eine Anspielung auf die Gesolei, deren organisatorische Väter mit der Einrichtung eines Vergnügungsviertels gehadert hatten. Die Leitung der Ausstellung ‚Schaffendes Volk‘ hatten solche Bedenken nie aufkommen lassen, denn sie wusste, welches finanzielle Risiko sie eingegangen wäre: Eine moderne Ausstellung konnte nach ihrer Ansicht nicht bestehen, wenn sie dem Bedürfnis nach Unterhaltung und Entspannung nicht Rechnung trägt. Der 95.000 qm große Vergnügungspark mit seinen Attraktionen wie der 24 Meter hohen Himalaya-Achterbahn, Turmfliegern mit Flugzeugen, die in 20 m Höhe mit 75 km/h umherrasten, einer Fliegerschule, in der die mutige Jugend die Kamikaze-Fliegerei der kommenden Jahre üben konnte und dem Wellenbad mit 1,10 hohem Wasserschlag, hygienischer, chlorfreier Wasserreinigung und einer für 1.500 Personen ausgelegten Kaffeeterrasse, besaß keinerlei inhaltliche Verbindung mit der Ausstellung und diente lediglich dazu, 9 die Besucherzahl und damit die Einnahme zu steigern. 10 So glaubte Stadtrat Meyer, dass „der glänzende Start, den die Ausstellung zweifellos hatte, nicht zuletzt auf die Propaganda des Vergnügungsparks zurückzuführen“ sei. 11 Die verbilligten Karten, die abends ab 18 Uhr erhältlich waren, zu einer Zeit, als die Hallen geschlossen wurden und viele Besucher nur noch die Einrichtungen des Parks nutzen wollten, stellten mit fast 1,2 Mio. Stück einen wesentlichen Anteil der verkauften Tickets dar, der Vergnügungspark war schließlich bis zwei Uhr morgens geöffnet; 12 an Tageskarten wurden dagegen nur 900.000 verkauft. 13 Trotz des starken Interesses, den die Besucher dem Vergnügungspark entgegenbrachten, wollte die Kritik über den Rummelplatz nicht abbrechen. Bereits wenige Tage nach der Eröffnung der Ausstellung hatte man die „Kinderkrankheiten“ bemerkt und in einer Erörterung zwischen Stadtverwaltung, Ausstellungsleitung und Presse versprochen, die Missstände zu beheben. 14 Vor allem wurde beklagt, es gebe „mehr freie Plätze und damit luftleeren Räume als ‚Attraktionen'“, womit keine Stimmung aufkommen könne. Die Rheinisch-Westfälische Zeitung sprach im Zusammenhang mit dem Vergnügungspark sogar über eine „Stätte der Einsamkeit und inneren Einkehr oder eine Aschenbahn für tüchtige Fußgänger“. 15 Trotzdem war es nicht einfach, gute Schausteller auf das Gelände zu bekommen. Die Stadt hatte von Anfang an Schwierigkeiten gehabt, Aussteller zu finden, die bei den schlechten Konditionen bereit waren, sich für ein halbes Jahr auf einer Stelle festzusetzen. „Warum fehlt der Türkische-Honig-Mann, wo sind die Rollmöpse und die Luftballons, wo ist der Ausrufer vor der malerischen Schaubude?“ 16 klagten die Düsseldorfer auch Mitte Juni noch: „Von allen Seiten laufen […] bereits Klagen darüber ein, dass die Wirklichkeit nicht im entferntesten dem in der Werbung Zugesagten entspricht. Tatsache ist, dass das Vergnügungsgelände heute noch Lücken aufweist. Es ist müßig, hier den Ursachen dieser Feststellung nachzugehen. Eines steht fest, dass die Geländeaufteilung des Vergnügungsparks als eine nicht gerade glückliche bezeichnet werden muss. Immer wieder wird mir von Volksgenossen, vor allem aber auch Ausländern, gesagt, dass der Vergnügungspark keine Atmosphäre habe. Man bekomme nicht die für eine wirkliche Fröhlichkeit notwendige Tuchfühlung; die Wege sind zu breit angelegt und führen zum Teil in lichtlose Leere, die Kiesstreuung ermüdet, gute Tanzmöglichkeiten, besonders für minderbemittelte Volksgenossen fehlen, usw.“ 17
Wie wichtig der Vergnügungspark für die Ausstellung war, zeigt ein Brief von Stadtrat Meyer, der nicht nur den Zustand des Parks anprangerte und eine Behebung der Mängel durch einen Ab- und Neuaufbau an anderer Stelle forderte, sondern auch eine intensivere Werbekampagne für den Vergnügungspark wollte. „Im Interesse eines anhaltenden Besuchererfolgs wird es deshalb erforderlich sein, den Vergnügungspark bei der Propaganda mehr in den Vordergrund zu stellen.[…] Ich weiß, daß der Ab- und Neuaufbau mit hohen Kosten verbunden ist. Da der Vergnügungspark aber im Laufe der Ausstellungszeit einer der stärksten Anziehungspunkte sein muss, halte ich diese Ausgaben für vertretbar. Gerade für Ausländer, insbesondere für den Holländerbesuch, ist nach den von mir gemachten Erfahrungen eine gute Vergnügungsmöglichkeit wesentliche Voraussetzung zum Besuch im Ausland.[…] ein Vergnügungspark (ist) eine Lebensfrage für die Ausstellung überhaupt.“ 18 Gerade auch für die Besitzer der Dauerkarten musste der beklagenswerte Zustand des Parks eine bittere Enttäuschung gewesen sein, denn sie hatten – wie die Presse richtig bemerkte – die Karten nicht erstanden, um „ganze fünf Monate die gewiß inhaltsreiche Schau zu besichtigen“, sondern dachten dabei auch an Erholung und Vergnügen. 19
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1. HuG-24, o.S.
2. Dietz 1937 (a) FAZ
3. RLZ Nr. 126, Sonderbeilage vom 8.5.1937 Vom bayerischen Moass.
4. StAD iv 1897, Protokoll vom 4.2.1937
5. Weidenhaupt 1983:175; vgl. auch Görgen:153
6. Geutebrück 1939:70
7. Hattrop 1939:27
8. RWZ vom 15.5.1937
9. Dietz (a) 1937
10. Peter Grund hatte zunächst den Anspruch vertreten, dass die Gestaltung des Vergnügungsparks denselben Grundsätzen entsprechen solle, wie jene der Ausstellungshallen, was er aber nicht durchsetzen konnte, Hattrop 1939:31
11. Brief von Stadtrat Meyer an die Ausstellungsleitung vom 16.6.1937
12. Weingarten 1937, (g)
13. Den Hauptteil der verkauften Karten machten die Sammelkarten mit 1,59 Mio. Stück aus, mit denen Betriebe und vor allem NS-Organisationen die Massen zur Ausstellung brachten, Maiwald Bd.II:110 (Betriebsergebnisse)
14. Vgl. RWZ vom 15.5.1937
15. RWZ vom 15.5.1937
16. DT vom 23.5.1937
17. Brief von Stadtrat Meyer an die Ausstellungsleitung vom 16.6.1937
18. Brief von Stadtrat Meyer an die Ausstellungsleitung vom 16.6.1937
19. RWZ vom 15.5.1937