Die Vereinigten Stahlwerke, deren Generaldirektor Ernst Poensgen war, ließen als Musterbeispiele für die Verwendung von Stahlkonstruktionen und Stahlausbauteilen im Wohnungsbau auf der Ausstellung zwei Häuser errichten, eines durch die Architekten Karl Wach und Heinrich Roßkotten in Stahlskelettbauweise (GS 77) 1 und ein weiteres durch den Architekten Hans-Maria Schneider als sogenanntes ‚deutsches Kolonialhaus‘ 2 aus Stahllamellen (GS 47), welches sich besonders für den Export eignen sollte. Beide Häuser waren nicht als Musterhäuser geplant, sondern sollten noch während der Bauphase verkauft werden, damit sie bis zur Ausstellungseröffnung bewohnt sein würden. Im folgenden nun die Beschreibung des Hauses Hans-Maria Schneider:
Für den Bau wurde den Vereinigten Stahlwerken das Grundstück 47 zur Verfügung gestellt, dazu die linke Hälfte des Nachbargrundstücks, welches durch ein Baggerloch so beeinträchtigt war, dass es nicht bebaut werden konnte. Aber auch das Grundstück 47 warf Schwierigkeiten auf, da sich der Tümpel bis hierhin ausweitete. Das Haus musste daher durchgehend auf Eisenbetonplatten gestellt werden, die von etwa 20 auf gewachsenem Boden geführten Betonpfeilern von 5-8 m Länge getragen wurden. Da die extrem schlechten Bodenverhältnisse im hinteren Bereich des Grundstücks sogar noch tiefere Pfeilerreihen notwendig machten, kam es zu Mehrkosten, die die AL nicht übernehmen wollte. Sie verwies darauf, dass das Grundstück nur auf ausdrücklichen Wunsch des Stahlwerksverbandes freigegeben worden war. Die Abräumarbeiten wurden noch weiter erschwert, als andere Baugesellschaften das Grundstück zum Abladen ihres Bauschutts missbrauchen. Letztendlich erklärte sich die AL bereit, zu den 2.286 RM Mehrkosten einen Zuschuss von 1.000 RM zu gewähren. Dies war für die Stadt immer noch ein gutes Geschäft, denn im Falle der Nichtbebauung hätte die Stadt ohnehin die Aufschließungskosten übernehmen müssen. Der Grundriss des Hauses zeigt ein ca. 110 qm großes Erdgeschoss mit fünf Räumen, einer überdeckten Terrasse, die sich über zwei Hausseiten erstreckt und einem Anbau für die Garage. Der Eingang des Hauses befand sich, so wie die Zufahrt zur Garage, die direkt an das Nachbargrundstück grenzte, auf der Westseite. Im nach Süden weisenden Hausteil befanden sich das Esszimmer und das Wohnzimmer, welches über einen Zugang zur Terrasse und zum Garten verfügte. Vom Essraum aus ging ein Lesezimmer in die Mitte des Hauses ab. Im lichtärmeren Teil des Erdgeschosses befanden sich die Eingangsdiele und eine Toilette, die Küche und ein Kinderspielzimmer, welches nur über die Küche zu erreichen war, dafür aber über eine Tür zum hinteren Teil des Gartens verfügte. Im Obergeschoss gab es zwei weitere Kinderzimmer mit je zwei Schlafstellen, das Elternschlafzimmer, das Gästezimmer und das Bad mit Wanne, Doppelwaschbecken und Toilette. Im Gegensatz zu den anderen Häusern der Siedlung verfügte das Haus über sehr wenige Fenster. So hatte das Esszimmer nur zwei Zimmer zur Südseite. Der angrenzende Wohnraum hatte keine Öffnung zum südlich liegenden Grundstück und bezog sein Licht nur über die Verandatür und das Fenster zur Ostseite. Bemerkenswert ist, dass der Leseraum in der Mitte des Hauses liegend, kein eigenes Fenster besaß und daher an einem denkbar ungeeigneten Platz lag. Das Haus wurde aus Stahlteilen der Mannesmann-Röhrenwerke gefertigt. Der Baubeginn verzögerte sich durch die beschriebenen Probleme so sehr, dass Anfang September die AL den Bauherrn auffordern musste, mit dem Bau zu beginnen. Durch die Verzögerungen konnte das Haus erst im April ’37 im Rohbau fertiggestellt werden und kurz vor der Ausstellung war weder die Fassade geschlemmt, noch der Garten angelegt.
1. StAD xviii 1779; Stahlhaus Grundstück 77. Alle Häuser der Kategorie ‚e‘ lagen zum Rhein und sollten nach den ursprünglichen Plänen zweistöckig erbaut werden. StAD xviii 1780
2. Cramer 1937, S. 201