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Die Ausstellungseröffnung
Am 8. Mai 1937 um 11 Uhr konnte die Ausstellung endlich mit einer großen Feier und etwa 3.000 Teilnehmern eröffnet werden. Zu den Eröffnungsgästen gehörten neben der bekannten Düsseldorfer Prominenz unter anderem die Reichsminister Darré und Dorpmüller, Oberpräsident Gauleiter Terboven, der polnische Botschafter Lipski und weitere Diplomaten aus Frankreich, Holland, Belgien, Jugoslawien, Argentinien etc, sowie verschiedene Führer von SS und SA. 1 Nach einem Vormittag mit langen Reden und hohem personellen Aufgebot aus Politik und Wirtschaft wurde die Ausstellung für das gemeine Volk geöffnet. Abends wurden die offiziellen Feierlichkeiten mit geladenen Gästen fortgesetzt. Als „Imbiß“ gab es neben 4-5 Gerichten noch belegte Brötchen, kalte Wurst, legierte Suppe, Hammelrücken, dazu ein „gutes Glas Bier“ 2 und als Süßspeise eine für Göring persönlich eingeflogene Sachertorte aus der Wiener Konditorei Demel. 3 Hermann Göring, der zur Eröffnung angereist war, verließ die Stadt noch am gleichen Tag, ohne die Ausstellung richtig besichtigt zu haben. In seiner Ansprache vor geladenen Ehrengästen – meist Herren aus Industrie und Wirtschaft – beteiligte Künstler waren zu ihrem Missfallen nur vereinzelt geladen 4 – verkündete der Ministerpräsident stolz, dass „zwei Ausstellungen pünktlich, wie es im nationalsozialistischen Staat nicht anders sein kann“, eröffnet worden seien. 5
Tatsächlich war zumindest die Düsseldorfer Ausstellung aber noch nicht fertiggestellt. Man hatte wegen der knappen Zeit in den letzten Wochen vor der Ausstellungseröffnung in drei Schichten Tag und Nacht gearbeitet; 6 noch einen Tag vor der Eröffnung arbeiteten 5.500 Mann an der Fertigstellung der Ausstellung. 7 Dennoch war es nicht gelungen, das Werk termingerecht zu vollenden. Ein Berichterstatter der SoPaDe 8 beschrieb den Zustand folgendermaßen:
„Als ich eine Gruppe von Künstlern, die hier auf der Ausstellung beschäftigt sind, fragte, warum man denn bisher so wenig Reklame für die Ausstellung gemacht habe, bekam ich die Antwort: ‚Sie sind wohl nicht von hier? Wenn Sie das wären, dann wüßten Sie, daß die Ausstellung noch gar nicht fertig ist.‘ Fast sämtliche Bauten, die bis jetzt freigegeben sind, tragen das Merkmal der absoluten Unfertigkeit. Überall heißt es: ‚Vorsicht, frisch gestrichen!‘ ‚Hier können Sie nicht gehen, es müssen die Wände noch geputzt werden‘ ‚Sehen Sie sich vor, die Maschinen sind noch frisch‘.“ 9
Die Künstlersiedlung war ebenfalls noch nicht fertiggestellt und nur zur Hälfte bewohnt. Aufgrund dieser Situation wurde auch der Ausstellungsführer noch nicht verkauft. Auch das Besucheraufkommen war nach Angaben des Berichterstatters nicht überzeugend: „Dementsprechend ist der Besuch; nur abends [bei ermäßigtem Eintrittspreis, A.d.A.] ist der Vergnügungspark gerammelt voll. Ich habe mich am zehnten Tag nach der Eröffnung in einer Halle stundenlang aufgehalten und außer dem Aufsichtsbeamten niemanden gesehen.“ 10
Damit ist auch die äußerst geringe Werbetätigkeit zu erklären, die vor der Ausstellung und noch in den ersten Wochen nach der Eröffnung zu verzeichnen war. Mangels Bildern der fertigen Ausstellung hatte man sogar einen Zeichentrickfilm hergestellt, der in den Kinos lief, um für die Ausstellung zu werben.
Noch kurz vor der Ausstellungseröffnung waren Tricks notwendig, um dem Zeitungsleser das falsche einer fertigen Ausstellung vorzugaukeln: „… die Kunst der Photographen, die noch in vollem Aufbau befindliche Ausstellung so zu photographieren, daß sie auf den des Nachts vervielfältigten Bildern bereits fertig schien, grenzte ans Wunderbare.“ 11
Das Außengelände
Das Ausstellungsgelände konnte über drei Eingänge betreten werden. Der Haupteingang befand sich auf der Ostseite, im Süden gab es einen Nebeneingang zur Schlagetersiedlung und im Norden einen weiteren, der direkt zur Gartenschau führte. An den verschiedenen Eingängen gab es Kassenhäuschen, deren Anzahl auch für die Abfertigung größerer Besuchermassen genügte. Der Eintritt kostete 1,50 RM, sofern man nicht das ‚Glück‘ hatte, durch einen der organisierten Massenbesuche der Partei mit 30% Ermäßigung in die Ausstellung zu gelangen. Dieser Preis war dreimal so hoch wie der im November 1934 veranschlagte durchschnittliche Eintrittspreis. 12 Gruppen, Schüler, Studenten und uniformierte Besucher erhielten ebenfalls Ermäßigungen, 13 kinderreiche Familien dagegen nicht. 14 Natürlich gab es auch Dauer- und Monatskarten. Besonderer Beliebtheit erfreute sich aber die ermäßigte Eintrittskarte, die abends ab 18 Uhr bei Schließung der Hallen erhältlich war. Damit hatte man freien Eintritt zum Vergnügungspark, der wohl die größte Anziehungskraft auf die Besucher ausübte.
Den vollen Eintrittspreis zu zahlen dürfte den meisten Familien schwer gefallen sein. Bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen eines Arbeiters von 120 RM konnte sich das ‚Schaffende Volk‘ den Eintritt kaum leisten, zumal für Teile der Ausstellung ein zusätzliches Entgelt verlangt wurde. So mussten für den Besuch der Kunstausstellung und des Rosengartens 30 Pfennig extra bezahlt werden, und selbst Sitzgelegenheiten gab es zunächst nur beim Stuhlverleih, 15 bis die Stadt auf Drängen der Besucher auch einige Bänke aufstellen ließ. Für den Katalog musste noch einmal eine Reichsmark bezahlt werden. Zahlreiche Beschwerden über die hohen Preise wurden schließlich durch eine Reduzierung des Eintrittspreises auf 1 RM beantwortet, wodurch es zu einem enormen Einnahmeverlust kam.
Im gesamten Gelände war Aufsichtspersonal eingesetzt, das den Besuchern u.a. mit Informationen über die Ausstellung selber und mit Wissenswertem über Düsseldorf dienen sollte. Als Uniform erhielten die Aufseher einen Rock mit dem Ausstellungsemblem am linken Ärmel, im Sommer wahlweise eine Lederjacke, dazu eine Hose sowie eine Schirmmütze mit der Aufschrift „Schaffendes Volk“; alle Kleidungsstücke waren grün. 16 Um die Auskünfte auch ideologisch richtig vermitteln zu können, erhielt das Personal eine „weltanschauliche Schulung“ 17 . Offensichtlich bevorzugte man für die Kassen weibliches Personal, hier setzte man vornehmlich ältere Kräfte ein, die Losverkäuferinnen dagegen sollten nicht älter sein als 26, wahrscheinlich damit sie besser in ihre Dienstkleidung passten: Trachtenkleid, Gummicape und leichte Kopfbedeckung. 18
Der Eingangsbereich
Der „erste und festlichste Raum für den Besucher“ 19 war der Platz am Haupteingang, am Schnittpunkt der großen Achse ( Fahnenallee) und der Richthofenstraße. Zwischen zwei riesigen Rossehaltern stehend, konnte man von diesem 850 qm großen, mit Granit gepflasterten Eingangsplatz an den schlichten Kassenbauten vorbei über die 300 m lange Fahnenstraße blicken, die das ideologische Herzstück der Ausstellung bildete. Diese 20 m breite Allee wurde beidseitig flankiert von je drei Reihen Pappelbäumen, zwei Reihen mannshoher Laternenreihen, sowie einer Reihe von 18 m hohen Fahnenstangen mit 36 Flaggen deutscher Städte. 20 Den Schlusspunkt der Fahnenreihe markierten zwei dreißig Meter hohe Fahnenmaste, deren Füße aus einem Röhrenbündel bestand. Aus jeder Röhre wurden die darüber flatternden 144 qm großen Hakenkreuzflaggen angestrahlt, das Fahnentuch im leichten Spiel des Windes mal hell erleuchtend, mal im leisen Dämmerlicht belassend. Die so dämonisch wirkenden Masten schufen die Verbindung zu dem abschließenden Gebäude: der Neuen Kunstakademie. 21 Das alte Gebäude aus rotem Ziegelstein, dessen man sich offenbar geschämt hatte, 22 war nicht mehr wiederzuerkennen. Man hatte Karl Wach beauftragt, sich wieder einmal um die Umgestaltung der Neuen Kunstakadmie zu bemühen. Die Fassade sollte dem Charakter der Ausstellung angepasst werden. Um „das Gebäude als Blickpunkt der großen Achse besonders hervortreten zu lassen“ 23 wurden die seitlich der Akademie gelegenen Wohnbauten abgebrochen und an deren Statt links und rechts Flügelbauten angefügt, die die Breitenwirkung verstärkten. Die Tiefenwirkung betonte man, indem man die Mitteltüren beseitigte. Der dadurch entstandene Durchblick zum Mittelhof gestattete die Einsicht auf einen „kleinen Brunnen von intimer Wirkung“ 24 , der in starkem Kontrast zu der Monumentalität der neuen Fassade stand. Die Änderungen Wachs schienen Grund aber nicht genügt zu haben, denn er ließ dem Gebäude einen „auf Fernwirkung zielenden hohen Baukörper“ 25 aus Rabitz vorsetzen. 26 Eine massive Ausführung des Umbaus hatte man abgelehnt, da die Neue Kunstakadmie den Planungen für den zukünftigen Schlageterpark im Wege stand. Grund hatte bereits im Oktober 1936 die Ausstellungsleitung darauf aufmerksam gemacht, dass die geplante Achse ‚Straße des Lebens‘ durchgeführt werden solle und dies bereits von Hitler genehmigt sei. Um die Kosten sowohl für den Umbau als auch für die spätere Entfernung des Gebäudes möglichst gering zu halten, lehnte die Partei daher eine massive Ausführung ab. 27 Man sparte ebenfalls an den Ausmaßen der Verkleidung, denn die neue Front deckte nur den Hauptgiebel der Fassade ab, daneben blieb das alte Gemäuer sichtbar. 28
Die Gliederung und der besondere Schmuck der umgestalteten Neuen Kunstakademie verliehen der Achse den gewünschten ideologischen Abschluss: Auf dem vorgesetzten Giebel der ehemaligen ‚Neuen Akademie‘ war das von Josef Daniel Sommer gestaltete Hoheitszeichen der Deutschen Arbeitsfront angebracht, 29 von weithin sichtbar und in den dunklen Abendstunden mit acht Lichtflutern zu 1.000 Watt angestrahlt. 30 Trotz ihrer repräsentativen Betonung war die Festachse offenbar so uninteressant, dass es in einem Artikel einer Fachzeitschrift hieß, man solle die Festachse eilends verlassen und sich stattdessen den besten Bauten der Ausstellung zuwenden, bevor man anfinge, die zwecklose Frage nach dem Sinn der Fassadenverkleidung zu beantworten; ansonsten gebe es auf dieser Straße ohnehin nichts zu sehen. 31
Blickte man von der Neuen Kunstakadmie aus die Fahnenallee entlang, so konnte man in der Ferne das Kreuz am Schlageterehrenmal erkennen. Einst war diese Gedenkstätte das bestimmende Moment gewesen, das die sogenannte Schlageterachse – also die Ausrichtung der Fahnenallee – und somit das gesamte Gesicht der Ausstellung diktiert hatte. Jetzt war es bedeutungslos.
Von der Fahnenstraße aus konnte man entweder zu Fuß oder mit der Liliputbahn alle Teile der Ausstellung erreichen. Die Bahn wurde von der Rheinischen Bahngesellschaft betrieben und führte auf einem nur 36 Zentimeter breiten Gleis in einer Strecke von 3,8 km über das gesamte Ausstellungsgelände. Ein wenig zynisch bemerkte das Düsseldorfer Tageblatt, dass der Besucher keinen Meter zu gehen brauche, wenn er es nicht wolle. 32 Drei Züge mit je zehn Wagen schaukelten insgesamt 665.512 Besucher mit Tempo 30 von einer der vier Haltestellen zur nächsten. 33
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1. DT vom 9.5.1937
2. StAD xviii 1708
3. Bei eventuellen Schwierigkeiten mit der Einfuhr der Torte per Luftpost sollte das auswärtige Amt eingeschaltet werden, StAD xviii 1708
4. StAD xviii 1708
5. Eine Fotografie eines Arbeiters, der nach getaner Arbeit von einer hohen Leiter zu Boden rutschte, ist in Maiwalds Abschlussbericht mit den Worten kommentiert: „Eine Stunde vor der Eröffnung: Der letzte Arbeiter verläßt seinen Arbeitsplatz“, in Maiwald 1939, Bd. I, o.S.
6. DLZ vom 17.4.1937
7. DT vom 7.5.1937
8. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SoPaDe) gab nach ihrem Verbot zunächst in Paris, später in Prag in den Jahren 1934 – 1940 die sogenannten ‚Deutschland-Berichte‘ heraus (im Folgenden als Behnken 1980 zitiert), die aus dem Exil über die gesellschaftspolitische Situation in Deutschland berichteten.
9. Behnken 1980, Bd. IV:624
10. Behnken 1980, Bd. IV:624
11. Geutebrück 1939:61
12. StAD xviii 565, Protokoll vom 15.11.1936
13. Die Sonderpreise für Gruppen staffelten sich nach der Anzahl der Mitreisenden: ab 100 Personen erhielt man 10% Ermäßigung, ab 500 Personen 20% und ab 1.000 Personen 30% Ermäßigung. Gruppen über 2.000 Personen sparten ein Drittel des Entgelts; alle Angaben sind dem offiziellen Prospekt der Ausstellung entnommen.
14. StAD xviii 1704, Protokoll vom 24.9.1936
15. Hattrop 1939:27
16. Hattrop 1939:16
17. Weingarten 1937 (g) in FAZ 5.5.1937
18. Weingarten 1937 (g) in FAZ 5.5.1937
19. Meyer 1939:85
20. Klein 1937 FAZ 5.5.37
21. Meyer 1939:85 Neue Kunstakademie
22. Ll 1937 (d):205
23. Meyer 1939:85
24. Meyer 1939:85
25. Hartdegen 1939:50
26. Beucker 1937:591
27. StAD xviii 1762, Brief vom 8.10.1936
28. Ll. 1937 (d), S. 205
29. StAD xviii 1765, Protokoll vom 11.2.1937
30. Cautius/Hartdegen 1939:51
31. Ll. 1937:206
32. DT vom 8.5.1937
33. Cautius/Hartdegen 1939:53