Vorhandene Bebauung III

Die Bebauung auf dem späteren Ausstellungsgelände

Auf dem eigentlichen Ausstellungsgelände mussten 21 Gebäude fallen. 1 Lediglich die Schnellenburg, die Kläranlage und das Hauptgebäude der Neuen Kunstakademie, wegen seiner Form und isolierten Lage auch ‚Scheune‘ genannt, 2 blieben erhalten.

Die Villa Leiffmann

A331 Die Lage der Villa Leiffmann Q privat
A331 Die Lage der Villa Leiffmann Q privat

Das nordöstlich der Reeserstraße liegende Grundstück der Familie Leiffmann grenzte direkt an das ehemalige Gelände der Gesolei und gehörte zu jener Zeit dem Gründer der Golzheimer Privatklinik, Professor Dr. med. Peter Janssen, 3 dem Schwiegersohn des Bankiers und ehemaligen Stadtverordneten Moritz Leiffmann. 4 Auf dem Grundstück stand eine von weitläufigen Parkanlagen umgebene, palastartige Villa, die Ende des 19. Jahrhunderts vom Architekten Adolf Schill 5 für den Bankier entworfen worden war. Man mag darüber streiten, ob der Bau mit dem florentinischen Villencharakter in die niederrheinische Landschaft passte, 6 unbestritten ist aber der Wert, den dieses Haus für die Düsseldorfer Kulturszene gespielt hatte. Vor dem Ersten Weltkrieg war die Leiffmann-Villa ein „Mittelpunkt glanzvoller Geselligkeit“, ein Hort für ausgewählte Kunst und ein Treffpunkt für bildende Künstler, Schauspieler und Schriftsteller gewesen. 7 Seitdem auch die Witwe Leiffmann gestorben war stand das Haus leer, nur noch zwei Angestellte lebten in den angrenzenden Kleinbauten.

A326 Blick über den Park der Villa Leiffmann Q privat
A326 Blick über den Park der Villa Leiffmann Q privat
A330 Innenraum der Villa Leiffmann Q privat
A330 Innenraum der Villa Leiffmann Q privat

Die Neue Kunstakademie

Einige hundert Meter weiter nordwestlich stand das zwischen 1914-1921 erbaute Hauptgebäude der Neuen Kunstakademie, das man trotz heftiger Diskussion um Sinn und Nutzen nicht abgerissen hatte. Nach dem Ersten Weltkrieg verkam der weit fortgeschrittene Hauptbau zunächst, da sich niemand darum kümmerte. Wind und Wetter setzten der Akademie genauso zu wie Diebe, die selbst das stahlen, was „niet- und nagelfest“ war. 8 Als 1919 die Düsseldorfer Kunstgewerbeschule aufgelöst wurde und die Akademie fünf von deren Fächern (Druckerei, Lithografie, Weberei, Buchbinderei und Tonbrennerei) sowie die Ausbildung der Zeichenlehrer übernahm, wurde es in dem alten Akademiegebäude noch enger. Man suchte für die Lösung der Raumfrage eine Alternative, die die Kommune finanziell weniger belasten würde als die Fertigstellung der Neuen Kunstakademie, kam aber zu keinem Ergebnis. Akademiedirektor Fritz Roeber setzte sich dafür ein, dass das Projekt wiederaufgenommen werde und begründete seinen Entschluss mit den folgenden Worten:

„Die Neubauten der Akademie können den erweiterten Ansprüchen genügen, nicht die alte Akademie, deren Betrieb und Unterricht durch die zum Teil weitauseinanderliegenden Schulräume trotz der ausgezeichneten Lehrkräfte nicht die erwünschenswerten Ergebnisse haben kann.[…] in der neuen Akademie ist für jede Art der künstlerischen Erziehung vorgesorgt. Auf dem freien Gelände am Rhein, dem gegenüberliegenden reizvollen Ufer, das des Hochwassers wegen nie bebaut werden kann, kann jede Beleuchtungsmöglichkeit studiert werden. Die Ateliers der Maler lassen nicht nur einseitig Nordlicht ein, für jede Art des Werkstattunterrichts ergeben sich geeignete Räume. Aber neben der künstlerischen Erziehung ist es für die studierende Jugend von unberechenbarem Nutzen für ihre Gesundheit und Ertüchtigung, dass sie durch die Wohnungsnot und die Geldentwertung gezwungen, beschränkt und kümmerlich hausen, auf dem großen Gelände, in einer vom Rhein her immer wieder erneuten Luft sich erholen und in den Freistunden Sport treiben kann.“ 9

A340 Grundriss der Anlage der Neuen Kunstakademie Q Architektonische Rundschau 1913 Tafel 131
A340 Grundriss der Anlage der Neuen Kunstakademie Q Architektonische Rundschau 1913 Tafel 131

Tatsächlich hatten die Stadt Düsseldorf und der Staat bereits mehrfach über die Frage des neuen Akademiegebäudes verhandelt. Dabei war es allerdings nie zu einer Lösung gekommen. Schuld waren mal wieder die Finanzen. Als der Vertrag über den Bau der Neuen Kunstakademie am 1. Juli 1912 unterzeichnet worden war, hatte sich Düsseldorf damit einverstanden erklärt, das Gelände von 12,3 ha Größe unentgeltlich zur Verfügung zu stellen und den Bau der Neuen Kunstakademie sowie die Kosten für die Aufschließung des Geländes und der Anlage der Straßen und Wege zu übernehmen. Der Staat überließ dafür der Stadt das alte Gebäude inklusive der wertvollen Kunstsammlung der Akademie und beteiligte sich mit einem Zuschuss von 1.250.000 M an den Baukosten, die in fünf Jahresraten überwiesen werden sollten. 10 Nach dem Ersten Weltkrieg hatten die Inflation und die damit verbundene Verteuerung der Arbeitskraft und des Materials die Kosten von 2.022.930 M auf immerhin 24.512.000 M mehr als verzehnfacht. Der Fiskus war aber nicht bereit, den zugesagten Zuschuss dementsprechend zu erhöhen. Das Projekt war von je her ein Kind der Stadt gewesen. Nun, nachdem sich der Staat durch den Krieg finanziell verausgabt hatte, war keine weitere Unterstützung von dieser Seite zu erwarten: Der Fiskus hatte kein Geld, nur Schulden und meinte, die Stadt könne mit „ihrem Bau I“ anfangen was sie wolle. 11 Düsseldorf stand nun unter Handlungsdruck, zumal von staatlicher Seite damit gedroht wurde, die Akademie nach Köln zu verlegen, das „bei einem Angebot sicherlich mit beiden Händen zugreifen“ würde. 12 Die Stadt ließ einen Neuentwurf erstellen, der den originalen prachtvollen Komplex von Wach auf einen „lediglich auf den Zweck gerichteten einfachen Nutzbau und die Kosten auf 20.331.000 M reduzierte. 13 Dieser Plan sah vor, die im ursprünglichen Plan auf dem Grundstück verstreut liegenden sechs Atelierhäuser für Bildhauerei, Malerei und kirchliche Kunst durch einen gemeinsamen Bau zu ersetzen, der sowohl im Inneren als auch im Äußeren jede luxuriöse Ausstattung strengstens vermeiden sollte. Aber auch dieser Plan sollte nicht verwirklicht werden.

A341 Die neue Kunstakademie von Karl Wach Q Lux 1925
A341 Die neue Kunstakademie von Karl Wach Q Lux 1925

Im Jahre 1923 beschlossen Roeber und der stellvertretende Oberbürgermeister Geusen, dass der Bau I bezugsfertig gemacht werden solle, „schon wegen der Gefahr, die Franzosen könnten es sonst besetzen“ 14 . Noch im November 1923 schienen Teile der Akademie (Architektur-Abteilung) in die Neue Kunstakademie umgezogen zu sein. Die vom Staat zu tragenden Kosten wollte man durch den Verkauf von Doubletten und entbehrlichen Kunstblättern der Sammlung der Kunstakademie decken. Der weitere Umzug wurde aber ministeriell untersagt mit der Begründung, dass sich das Versorgungsamt noch in diesem Gebäude befände 15 und vor dem endgültigen Umzug die von Dritten genutzten Teile geräumt und wieder hergestellt werden, der Garten von den Schrebergärten befreit und in Ordnung gebracht sowie die Wohnhäuser und der Hauptbau von der Hochbauverwaltung abgenommen sein müssten. 16 Mit der Räumung gab es allerdings Probleme, da die Stadt sich aufgrund der durch die Besetzer aufgetretenen Verknappung an Räumlichkeiten nicht in der Lage sah, eine alternative Unterbringung für das Versorgungsamt zu finden. 17

A342 Das Malgebäude der Neuen Kunstakademie Q Architektonische Rundschau 1913 Tafel 139-40
A342 Das Malgebäude der Neuen Kunstakademie Q Architektonische Rundschau 1913 Tafel 139-40

Dazu traten immer wieder Zweifel auf, ob die Lage der Neuen Kunstakademie nicht zu weit vom Stadtzentrum entfernt sei, man tauschte sich mit Königsberg/Ostpr. aus, wo die Akademie ebenfalls aus dem Zentrum ausgelagert worden war, 18 man überlegte, ob das Gebäude nicht anderweitig zu verwenden sei, und trotzdem beschlossen Ende 1924 Angehörige des Ministeriums und der Akademie, das Gebäude der Neuen Kunstakademie weiter zu nutzen. Der Plan des kostengünstigen Einheitsbaus wurde hier wieder verworfen, da dieses Gebäude zu weit vom bereits bestehenden Bau I entfernt läge. Nun wollte man – wohl in der Hoffnung auf bessere Zeiten – andere Neubauten in der Nähe des Wach-Gebäudes errichten, die im Laufe der Jahre ausgebaut und erweitert werden könnten. 19

1929 gab Roeber bekannt, dass das alte Gebäude der Kunstakademie nach Plänen von Emil Fahrenkamp aus- und umgebaut werde. Dazu gehörte u.a. die Verbindung der Aufbauten, die dem Gebäude eine klare ruhige Silhouette geben sollte, der Überbau der „häßlichen“ Höfe und die Verlegung des Einganges in die Hauptachse. 20 Das Projekt Neue Kunstakademie war offensichtlich endgültig zu den Akten gelegt; das Gebäude wurde dennoch einer Nutzung zugeführt, indem man die Räume als Ateliers an Künstler vermietete.

Die Schnellenburg

Im nördlichen Ende des Ausstellungsgeländes, direkt am Rhein gelegen, fand man die Schnellenburg, ein Gut mit langer Geschichte. Bereits im Jahre 1411 war sie in einer Urkunde erwähnt worden. 21 Das „einzige malerisch gelegene historische Merkmal, welches der Niederrhein bei Düsseldorf aufzuweisen (hatte)“ 22 , war bis kurz vor dem Ersten Weltkrieg in Privatbesitz gewesen und dann im Zuge der Planungen für den Nordhafen von der Stadt aufgekauft worden. Diese ließ das Gut verfallen und schließlich für baufällig erklären. Ohne Unterrichtung der Öffentlichkeit überließ man das alte Gebäude der Bürohausgesellschaft m.b.H., die es 1925 niederlegte und hierselbst nach Plänen des Baurats Freese einen Restaurationsbetrieb errichtete. Viele Stimmen bedauerten den Abriss des Gebäudes, weniger seiner Architektur wegen als vielmehr aufgrund der „einzig schönen, (…) geradezu romantischen“ Lage. Durch den Abbruch sei Düsseldorf noch ärmer geworden an historischen Bauwerken – Schloss, Bergertor und Zolltor waren bereits verloren. 23 Man hatte den Vorschlag gemacht, die Schnellenburg zu verschonen, selbst die umfangreichen Planungen für die Neue Kunstakademie hätten die Schnellenburg so belassen wie sie war. Ein Vorschlag des Stadtverordneten Stickhoff, das dringend benötigte Restaurant in der Nähe des Stadions durch einen Umbau der Schnellenburg oder die Errichtung einer anderen Gaststätte weiter stromaufwärts zu erwerben, hatte man wegen Undurchführbarkeit abgelehnt. 24 Man begann im Juli 1925 mit dem Neubau, der der alten Schnellenburg zum Verwechseln ähnelte und weihte ihn am 20. April 1926 ein. 25

A344 Die Schnellenburg Q
A344 Die Schnellenburg Q StAD

Industrieanlagen und weitere Bauten

Rings um das Leiffmann-Gelände befanden sich neben dem Sportverein A.T.V. und dessen Sportanlagen einige kleinere Industrieanlagen 26 und ein städtisches Klärwerk.
Weiterhin befanden sich 1934 auf dem Gebiet Gebäude und Grundstücke der Lambertuspfarre, der Preußischen Staats- und Domänenverwaltung, der Beamtenbaugesellschaft, der Vikarie St. Crucius, der Kleingärtnerei Kleinbreuer sowie die Kleingärten an der Stockumer Kirchstraße, das Dampfsägewerk F. und W. Hülstrung und der Bringmannshof. Etwa 150 Personen lebten 1935 auf dem späteren Ausstellungsgelände.

Enteignungen

Auch wenn das Ausstellungsgelände 1935 nur sehr dünn besiedelt war, so musste die Stadt doch mit großen Schwierigkeiten bei dem Erwerb der Grundstücke rechnen. Zwar gehörte ihr bereits ein Großteil der Fläche, andere Grundstücksteile sollten durch freie Verhandlungen erworben werden, aber grundsätzlich musste man auch mit der Notwendigkeit von Enteignungen rechnen. 27 Zunächst hatte man an den Erwerb nicht nur des Terrains zwischen Richthofenstraße und Rhein gedacht, sondern man benötigte auch beträchtliches Gelände für das geplante Schlageterforum und für die Verlegung der Kleinbahnstrecke, die parallel zur Richthofenstraße verlief. Im Mai 1935 errechnete man die Gesamtkosten für den Kauf der Grundstücke, die Entschädigungen und die Umsiedlungen auf knapp 1,5 Mio. RM. 28 In dieser Summe waren 35.000 RM (!) für die Unterbringung von 94 Familien und 56 Künstlern enthalten, obwohl die Stadt sich bewusst war, dass hierfür allein 750.000 RM nötig waren, da wegen der Wohnungsnot die Ersatzwohnungen erst noch gebaut werden mussten. 29 Insbesondere sollte es schwierig werden, für mindestens 30 der 56 Künstler Wohn- und Arbeitsraum zu schaffen, die sich in der Neuen Kunstakademie eingemietet hatten.

Mit dem Bau der Akademie hatte hier eigentlich ein neues Malerviertel entstehen sollen, wozu es aber wegen des nie beendeten Ausbaus nicht gekommen war. 30 Durch die Nutzung der Akademie als Atelierhaus war trotzdem eine Art Künstlerkolonie entstanden, die für die Ausstellung aufgelöst werden musste. Zwar waren die Künstler bereits seit August 1935 vorgewarnt, da die Stadtverwaltung ihnen schon damals im Zuge der Planungen für das Schlageterforum eine Kündigung geschickt hatte, 31 wogegen sich die damaligen Bewohner unter der Führung Walter Jungbluths allerdings wehrten. 32 Die Künstler waren der Ansicht, dass ihre Anwesenheit die Feiern am 500 Meter entfernten Schlageterhain nicht beeinträchtigen würde und obwohl man das Gebäude der Neuen Kunstakadmie nicht gerade als „Meisterleistung“ bezeichnen könne, sei der Abriss zwecks Gestaltung der Grünanlagen des Schlageterforums „in keiner Weise durch die vorliegenden Verhältnisse zwingend oder volkswirtschaftlich gerechtfertigt“. 33 Offensichtlich hatte die Stadtverwaltung bald andere Pläne mit dem alten Gebäude, denn im September erhielten die Bewohner die Nachricht, dass die Kündigung zwar aufrecht erhalten bleibe, die Räumung aber bis April des folgenden Jahres aufgeschoben werden könne. Hier erfuhren die betroffenen Bewohner auch von den Plänen der Ausstellung. 34

Der Räumungstermin wurde auf den 1. April 1936 festgesetzt. Etwa neun Ateliers sollten ausschließlich zu Arbeitszwecken im Keller und im rechten Parterre-Flügel der Neuen Kunstakadmie bestehen bleiben, 35 für zehn ledige und zehn verheiratete Maler und Bildhauer sollten Wohnungen und Ateliers in der neuen Schlagetersiedlung errichtet werden, während man versuchen wollte, die restlichen Künstler im Kolpinghaus unterzubringen. 36 Alle zuständigen Behörden wurden aufgefordert, nach weiteren Unterbringungsmöglichkeiten für die Künstler zu suchen, 37 was nicht sehr einfach gewesen sein dürfte, denn die Freischaffenden waren nicht gerade zahlungskräftig: Obwohl die Stadt erst 1934 die Miete gesenkt hatte, waren nur zwölf von ihnen im Oktober 1935 ohne Mietschulden. 38 Die Stadt bemühte sich angeblich redlich um die Schaffung von Ersatz und scheute weder Kosten noch Mühe, durch das Wohnungsamt eine Reihe städtischer Atelierwohnungen freimachen zu lassen, 39 was das Wohnungsproblem wiederum auf noch schwächere Kreise weiterschob. Die Entscheidung, welche der Künstler eines der neuen Ateliers in der Schlageterstadt angeboten bekamen, lag zumindest teilweise bei offiziellen Parteistellen. So bestimmte Kreisleiter Walter, wer für die Eigenheime vorgesehen werden solle. Dazu gehörten nicht jene Künstler, die weitestgehend frei von Mietschulden waren, sondern eben die parteitreuen Kammeraden, die auch bei der Auftragsvergabe für die Ausstellungsplastiken bevorzugt werden sollten: Gottschalk, Zimmermann, Goebel, Zschorsch, Haigis, Jungbluth und andere. 40 Erbbiologische Erwägungen spielten ebenfalls eine Rolle: Eine Namensliste, die die Verteilung der Künstler auf die verschiedenen Unterbringungsmöglichkeiten bezeichnete, ergänzte man handschriftlich durch unterschiedliche Bemerkungen. Peretti erhielt den Zusatz „Ungar“, Peter Janssen das Etikett „Nichtarier“. 41

Weitere Atelierhäuser in der Nähe der Neuen Akademie – wahrscheinlich handelt es sich hierbei um die Nebengebäude der Neuen Kunstakadmie – mussten ebenfalls geräumt werden. Hierfür sollten den bisherigen Nutzern eventuell kleinere Abfindungen angeboten werden. Für die Unterbringung der Familien hatte man zunächst ins Auge gefasst, 20-30 zusätzliche Siedlungshäuser zu bauen. 42 Letztendlich entschied man sich aber für den Bau einer neuen Siedlung nördlich der Stockumer Kirchstraße. 43 Für 27 Wohnungen standen am 15. Oktober 1935 noch 136.000 RM zur Verfügung. 44 Der Bau der Ersatzwohnungen begann für die Familien, die ihre Wohnungen verloren, allerdings zu spät. Bis zur Räumung des Geländes blieben nur noch 2-3 Monate Zeit. Für die Familien eines Hauses, dessen Abriss erst im März 1936 beschlossen wurde, mussten ebenfalls erst noch Ersatzwohnungen geschaffen werden! 45

Natürlich gab es scharfe Proteste sowohl seitens der Künstlerschaft als auch anderer Bewohner; diese wurden vom Oberbürgermeister strikt zurückgewiesen. Die Beschwerden hielten die Stadt nicht von ihrem Vorhaben ab. Zahlreiche Familien weigerten sich, ihre Wohnungen zu verlassen. Einige Betriebe, deren Existenz gefährdet war, sträubten sich gegen eine Verlegung. Je stärker der Widerstand war, umso härter ging die öffentliche Hand gegen die Grundstückseigner vor. Die Besitzer enteigneter Gelände erhielten völlig unangemessen geringe Abfindungen, so z.B. der Sportverein 400-500 RM oder die Lambertuspfarre 81.000 RM. 46 Als Enteignungsverfahren diente meist das Fluchtliniengesetz vom 2.7.1875, welches immer dann anwendbar war, wenn das Gelände durch eine Straße zerschnitten wurde. 47 Da die Enteignungen im Sinne des öffentlichen Wohls vollzogen wurden, hatten Einsprüche wenig Aussicht auf Erfolg.

Einen besonders interessanten Fall stellt die Aneignung des Leiffmannschen Besitzes dar. Am 3. Oktober 1935 beschloss der vorbereitende Ausstellungsausschuss, die Kaufverhandlungen möglichst umgehend aufzunehmen und abzuschließen, „damit mit den Arbeiten in acht Tagen schon etwa begonnen werden kann“. 48 Ein Teil des ehemaligen Leiffmannbesitzes war bereits in städtischer Hand 49 , das verbliebene Grundstück kaufte die Stadt im Herbst 1935 zu einem Quadratmeterpreis von nur RM 2,35. 50 Leider ist nicht bekannt, ob der Besitzer Peter Janssen die Villa samt Grundstück freiwillig so preiswert abgegeben hat. Dass es sich bei dem Abriss um „wüste Judenfresserei“ handelte, wie Alfons Houben in einem Artikel für die Düsseldorfer Nachrichten 1986 behauptete, ist jedoch zweifelhaft. Angeblich hatte Janssen die unbewohnte Villa und den sie umgebenden Garten unter der Bedingung zur Verfügung gestellt, dass die darauf zu errichtenden Wohnhäuser Düsseldorfer Künstlern zur Verfügung gestellt würden. 51 Da seit 1933 nur noch die beiden Angestellten von Professor Janssen, der Obergärtner Gustav Häberle und der Chauffeur Fritz Richter in den Nebengebäuden gewohnt hatten 52 und Janssen selber ein Haus in der Nähe seiner Klinik bezogen hatte, bestand für den Arzt jedenfalls kein Bedarf. Seine Beziehung zur Düsseldorfer Künstlerszene macht Janssens Vorgehen plausibel. Der Abriss des Gartenhauses und der Remise wurden im Oktober 1935 beschlossen. Tatsächlich wurde die Villa noch im selben Jahr oder spätestens 1936 abgerissen. 53

[→ weiter]


1. k.x. (FAZ 5.5.1937)
2. k.x. (FAZ 5.5.1937)
3. Peter Janssen (1947) war der Sohn des Malers und ehemaligen Direktors der Düsseldorfer Kunstakademie Peter Janssen, StAD xxiii 1669
4. Moritz Leiffmann, *2.2.1853 in Unna, 29.5.1921 in Düsseldorf, war Geheimer Kommerzienrat und Träger hoher Orden. Neben seiner Tätigkeit als Mitbegründer des Bankhauses B. Simon & Co., eine der ersten privaten Banken in Westdeutschland, war er von 1896 – 1919 Stadtverordneter in Düsseldorf. In dieser Position hatte er sehr stark dazu beigetragen, die Stadtentwicklung voranzutreiben; DN vom 22.3.1986
5. Adolf Schill war vor dem Ersten Weltkrieg Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie und hatte auch die steinerne Architektur der ersten Oberkassler Rheinbrücke entworfen; DN vom 22.3.1986. Schill trat auch als einer der Architekten der Düsseldorfer Ausstellung von 1902 in Erscheinung; Engst 1949:41
6. Houben (b) 1986, o.S.
7. Cohen 1932, o.S.
8. StAD iii 910, Brief von Akademiedirektor Roeber vom 15.7.1921
9. StAD iii 910, Brief von Akademiedirektor Roeber vom 15.7.1921
10. Offensichtlich übernahm die Stadt die Kunstschätze zunächst nur als Dauerleihgabe, denn erst 1931/32 konnten die Verhandlungen bzgl. der Übereignung abgeschlossen werden, vgl. Görgen 1968:9
11. StAD iii 909, o.D.
12. StAD iii 909, Verhandlungsbericht vom 6.8.1920
13. StAD iii 909, Verhandlungsbericht vom 6.8.1920
14. StAD iii 909, Protokoll vom 17.9.1923
15. StAD iii 909, Protokoll vom 12.3.1924
16. StAD iii 909, Protokoll vom 12.3.1924
17. StAD iii 910, Brief Regierungspräsident an OB vom 29.11.1923
18. StAD iii 909, o.D.
19. StAD iii 909, Protokoll einer Sitzung im Parkhotel vom 15.11.1924
20. DT vom 13.7.1929
21. Spickhof 1926, o.S.
22. Zit. in Huneke 1927:8
23. Huneke 1927:8
24. Huneke 1927:8
25. Huneke 1927:8
26. Färberei von Simons Erben (wahrscheinlich Familienbesitz Leiffmann) und Chemische Fabrik C. Jäger (AGFA)
27. StAD iv 565, Protokoll vom 15.5.1935
28. Die Summe setzte sich zusammen aus 666.000 RM für den Schlageterpark (bei Einschränkung 400.000 RM), 150.000 RM für Nebenentschädigungen, 114.000 RM für den Grunderwerb für die Gartenausstellung incl. Kulturentschädigung, 35.000 RM für die Unterbringung von 94 Familien und 40.000 RM für den Erwerb der Restflächen und Entschädigungen, StAD iv 565, Protokoll vom 15.5.1935. Für den Erwerb der Siedlungsgrundstücke wurden nochmals 900.000 RM angesetzt, StAD iv 565, Protokoll vom 15.5.1935
29. StAD iv 565, Protokoll vom 15.5.1935
30. Meyer 1939:84
31. StAD xviii 1781, Denkschrift der Künstlerschaft des Atelierhauses Stockum vom 24.10.1935
32. StAD xviii 1781, Denkschrift der Künstlerschaft des Atelierhauses Stockum vom 24.10.1935
33. StAD xviii 1781, Denkschrift der Künstlerschaft des Atelierhauses Stockum vom 24.10.1935
34. StAD xviii 1781, Denkschrift der Künstlerschaft des Atelierhauses Stockum vom 24.10.1935
35. StAD xviii 1781, Liste vom 20.5.1936
36. StAD iv 565, Protokoll vom 26.10.1935
37. StAD iv 18044
38. StAD NL Ebel, Protokoll vom 15.10.1935
39. StAD xviii 1781, Bericht vom 12.12.1936
40. StAD xviii 1781, Liste o.D.
41. StAD xviii 1781, Liste vom 26.11.1935
42. StAD iv 565, Protokoll vom 20.7.1935
43. StAD iv 25217, Notiz von 1936
44. StAD xviii 1705, Protokoll vom 15.10.1935
45. Dies gilt für das Haus Richthofenstraße 336, StAD xviii 1704, Protokoll vom 24.3.1936
46. StAD iv 565, Protokoll vom 30.7.1935
47. StAD vii 1978, Protokoll vom 28.9.1935
48. StAD iv 565, Protokoll vom 3.10.1935
49. Kress 1971:7
50. StAD iv 33841
51. Mündl. Auskunft Henny Jungbluth, September 1996
52. Düsseldorfer Adressbuch von 1933
53. Houben 1986 (b)

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