Die Entwicklung zur Vierjahresplan-Ausstellung

Der Werberat der Deutschen Wirtschaft: Ausstellungspolitik im Nationalsozialismus

Der 1934 gegründete Werberat der Deutschen Wirtschaft 1 hatte die Funktion, Qualität und Quantität der im Deutschen Reich geplanten Ausstellungen und Messen zu überwachen. Als Kontrollinstanz war ihm vor allem daran gelegen, die stetig wachsende Zahl der Ausstellungen einzuschränken, denn durch die regelrechte Überfütterung des Marktes mit Ausstellungen hatte sich eine gewisse Ausstellungsmüdigkeit ausgebreitet, die die Qualität der Ausstellungen und somit die Existenz des gesamten Ausstellungsgewerbes bedrohte. 2 Nach der 6. Bekanntmachung des Werberates der Deutschen Wirtschaft vom 21.3.1934, mit Wirkung vom 1.4.1934, wurden Ausstellungen nur noch genehmigt, wenn sie eine „volkswirtschaftliche, kulturelle oder politische Bedeutung“ hatten. 3 Die Entscheidung über die Bedeutung der jeweiligen Schau lag beim Werberat. Durch die restriktiven Maßnahmen des Werberates wurde die Zahl der Ausstellungen innerhalb weniger Jahre von 634 (1934) auf 191 (1937) um etwa 70% verringert. Vor allem gab es dramatische Einschnitte bei Ausstellungen, Messen und Schauen von nur regionaler oder lokaler Bedeutung. Die Zahl der Fachausstellungen und -messen konnte sich dagegen teilweise verdoppeln. 4 Damit forcierte der Werberat einen Trend, der sich weltweit vollzog, denn nach einem Jahrhundert großer Ausstellungen, vor allem auch der Weltausstellungen, hatte die technische und industrielle Entwicklung Ausmaße angenommen, die in keiner Gesamtschau mehr zu dokumentieren waren. Die notwendige Aufteilung der unterschiedlichen Gebiete in Fachbereiche war ein Ausweg, der auch in Deutschland schon lange begangen wurde. Unter den vielen Ausstellungen seit Mitte des 19. Jahrhunderts hatte es zahlreiche gegeben, die sohne große Wirkung geblieben waren. Während zu den erfolgreichen Ausstellungen anfangs noch die Weltausstellungen zählten, wie z.B. Paris 1851, 1855, 1867 und 1889 oder London 1851, traten – besonders in Deutschland – in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts vor allem Fachausstellungen aus dem unübersichtlichen Dickicht des Ausstellungsdschungels hervor: die Berliner Städtebauausstellung von 1910, die Dresdener Hygiene-Ausstellung von 1911, die Internationale Bau- und Siedlungsausstellung (Iba) in Leipzig 1913, Buchgewerbe und Graphik (Bugra), Leipzig 1914, die Kölner Werkbundausstellung von 1914, oder die Erste deutsche Bauausstellung, Berlin 1931.

Aufgabe des Werberates war es also, die Qualität der Ausstellungen durch die oben beschriebenen Mittel zu erhöhen und gleichzeitig die Aussteller vor Überlastung zu schützen. Ihre Rolle als Interessenvertretung des Handels und der Industrie war indes nur zweitrangig. Priorität hatte vor allem die Überwachung der ideologischen Ausrichtung der Messen und Schauen, denn das Ziel war, das Ausstellungswesen zu einer politischen Waffe in der Hand von Partei und Staat zu machen. 5 Dazu hatte jede Ausstellung folgende Aufgaben zu erfüllen: Sie sollte erstens weniger den konsumorientierten Absatz fördern, sondern vielmehr die nationalsozialistischen Ziele übermitteln (Politisierung), zweitens alle Volksgenossen dazu gewinnen, an diesen mitzuarbeiten (Propaganda) und drittens ein lebendiger Leistungsbericht sein (Volksnähe), 6 wobei die Betonung auf lebendig lag. Als Aufklärungs- und Erziehungsmittel sollte sich die Ausstellung durch den Einsatz von Filmen, Schaustücken und die praktische Anschauung betonende Arbeitsvorgänge ganz auf das Auge und das direkte Erleben der Besucher ausrichten. 7 Diese auf optische Reize zielenden Ausstellungspraxis entwickelte sich zu dem wirkungsvollsten Werbemittel auch in außenpolitischer Hinsicht. 8

Besonderen Wert legte der Werberat auf die thematische Abgrenzung der einzelnen Veranstaltungen voneinander. Die Ausstellung ‚ Schaffendes Volk‘ erhielt ihre Legitimation durch die Tatsache, dass sie im Gegensatz zu der gleichzeitig stattfindenden Ausstellung ‚ Gebt mir vier Jahre Zeit‘ und zur Pariser Weltausstellung bestimmte Merkmale aufwies, die sie deutlich von diesen unterschied. So war die Berliner Vierjahresplanausstellung rein politisch und legte ihren Schwerpunkt auf eine Rückschau über die bis 1937 für den Vierjahresplan erzielten Leistungen. Düsseldorf hingegen listete zwar auch die bisherigen ‚Errungenschaften‘ auf, wies aber insbesondere in raumpolitischer Hinsicht deutlich in die Zukunft. 9

Auf der Pariser Weltausstellung war das Deutsche Reich mit einem von Albert Speer gestalteten Pavillon vertreten. Der Bau zeigte sich nach außen wenig bescheiden, dem „klotzigen Monumentaleifer, vergleichbar dem unsicheren Repräsentationsbedürfnis eines Emporgekommenen“ 10 des gegenüberliegenden russischen Beitrags ebenbürtig. 11 Die Exponate im Inneren des Pavillons zeigten vornehmlich die kulturelle und ästhetische Seite der gesamten deutschen Wirtschaftstätigkeit, wobei einzelne handwerkliche Höchstleistungen in den Vordergrund gestellt wurden. 12 In Ergänzung dazu sollte Düsseldorf einen umfassenden „Rechenschaftsbericht des schaffenden Deutschlands nach der werkstofflichen Seite und ihre Erscheinungsform in Wohnung, Siedlung und Garten abgeben“. 13 Der ganzheitliche, den alltäglichen Einsatz demonstrierende Charakter der Düsseldorfer Ausstellung wurde dem machtbetonenden deutschen Beitrag auf der Weltausstellung entgegengesetzt und durch ihn ergänzt. Dadurch erhoffte man sich zusätzliche Besucher auf der Ausstellung ‚ Schaffendes Volk‘, denn die Nähe Düsseldorfs zur französischen Hauptstadt sollte auch zahlreiche ausländische Gäste von der Weltausstellung an den Rhein locken.

Neben den Bestimmungen für die inhaltliche Ausrichtung von Ausstellungen gab es auch für den räumlichen Aufbau Richtlinien. So durfte die Ehrenhalle bei keiner Ausstellung fehlen, da sie durch ihren architektonischen und gestalterischen Kontrast zur Alltagserscheinung „am stärksten und am nachhaltigsten“ auf den Besucher wirke. 14 Als „Visitenkarte der Ausstellung“ hatte sie die Aufgabe, den Besucher mit dem Inhalt der Ausstellung bekannt zu machen und ihn gleichzeitig in eine feierliche und aufnahmebereite Stimmung zu versetzen. 15 Betont wurde auch hier wieder der Vorrang des politischen Ansatzes vor dem wirtschaftlichen: Wirtschaft und Konsum waren nicht Selbstzweck, sondern dienten dem Vierjahresplan. Daher wurden völkische, rassische und sonstige ideelle Momente an den Beginn des Rundgangs und somit in den Vordergrund gestellt. Erst dann sollte eine Brücke zu den wirtschaftlichen Faktoren geschlagen werden. 16 Für die verschiedenen Abteilungen wurden die zuständigen Stellen des Reiches als Berater und Mitorganisatoren verpflichtet. Für Düsseldorf bedeutete dies, dass insbesondere die zum Reichsnährstand gehörende Stelle für Gartengestaltung sowie das Reichsheimstättenamt in die Planung einbezogen werden sollten. 17

Die Bestimmungen des Werberates machten nur einen kleinen Teil der Vorgaben aus, an denen sich die Düsseldorfer Ausstellungsmacher orientierten. In Übereinstimmung mit den Zielen des Berliner Amtes war man bestrebt, die gewaltigen Veränderungen seit 1933 aufzuzeigen. Die Machtübernahme lag gerade knapp zwei Jahre zurück und die neuen Machthaber waren bestrebt, ‚Bedeutung und Größe‘ ihrer ’nationalsozialistischen Bewegung‘ durch eine entsprechende Schau zu demonstrieren. Ausstellungen konnten bei guter Lage und volksnaher Gestaltung als propagandistisches Mittel der Volksführung eine breite Öffentlichkeit erreichen und durch „kulturpolitische Lehrschauen“ 18 die Besucher von den Ideen und Intentionen der Veranstalter überzeugen. Zudem sah man in der Ausrichtung einer Ausstellung die Möglichkeit, den Arbeitsmarkt und die kommunale Wirtschaft anzukurbeln.

Durch Ausstellungen wie die ‚ Schaffendes Volk‘ sollte bewiesen werden, dass das „neue Deutschland“ großartigere Leistungen vollbringen konnte als alle Gesellschaftssysteme zuvor. Sicherlich spielte gerade in Düsseldorf die immer noch wache Erinnerung an die Gesolei eine Rolle, die elf Jahre zuvor schwer zu überbietende Maßstäbe gesetzt hatte. Durch den Vergleich des letztendlich gültigen Ausstellungsprogramms der Reichsausstellung mit dem Programm der Gesolei wird offensichtlich, wie sehr man sich an der erfolgreichen Struktur der Ausstellung von 1926 anlehnte:

Parallelen zwischen den beiden Düsseldorfer Ausstellungen gab es schon beim Namen des Ausstellungsvereins – ‚Große Ausstellung Düsseldorf-Schlageterstadt 1937 für Städtebau, Siedlung und Gartengestaltung, Kunsthandwerk und Gewerbe‘ bzw. ‚Große Ausstellung Düsseldorf 1926 für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen‘. Der Tag der Eröffnung war identisch, beide ließen die ersten Besucher an einem 8. Mai, jeweils ein Samstag, auf das Ausstellungsgelände. Natürlich waren in beiden Ausstellungen die populären Grundzutaten jeder erfolgreichen Großveranstaltung zu finden: Feuerwerk, Ausstellungsbahn, Wasserspiele, Springbrunnen bzw. Leuchtfontäne, großer Festplatz, Vergnügungspark, Lotterie etc. Auch in den Bauten ergaben sich gewisse Parallelen. Sowohl auf der Gesolei als auch auf der Ausstellung ‚Schaffendes Volk‘ konnte man ein Kinderheim, eine Kindererholungsstätte, eine Jugendherberge, ein Restaurant am Rhein und einen Pavillon der Firma Henkel sehen. Auf beiden Ausstellungen wurden Mustergärten und Musterhäuser gezeigt: das ‚Haus der Arbeiters‘, ein ‚Haus des Malers‘, ein ‚Haus des Bildhauers‘, auf der Gesolei allerdings nicht nur im ländlich gehaltenen Regionalstil, sondern auch im Stil der Neuen Sachlichkeit. Die äußere Erscheinung der Ausstellungshallen war sich so ähnlich, dass man bei einem oberflächlichen Blick auf Abbildungen der beiden Ausstellungsgelände kaum unterscheiden kann, welche Ausstellung man vor Augen hat. Die volksnahen didaktischen Methoden der Ausstellung ‚Schaffendes Volk‘ waren ebenfalls keine Erfindung der Nationalsozialisten, sondern den herausragenden Präsentationsformen der ‚ Gesolei‘ sehr ähnlich.

Inhaltlich stand der Gesolei wie der Ausstellung ‚Schaffendes Volk‘ die Gesundung des deutschen Volkes auf die Fahnen geschrieben. Die Gesolei propagierte schwerpunktmäßig die Gesundung des menschlichen Körpers und Geistes durch medizinische und hygienische Maßnahmen. Dennoch deutete sie auch schon jene ‚Gesundung‘ an, für die die Nationalsozialisten wenige Jahre später durch die Nürnberger Gesetze einen Anfang setzen sollten: 19 die ‚Säuberung‘ des deutschen Volkes durch Ausgrenzung und in letzter Konsequenz Ausrottung alles ‚Fremden‘ und ‚Andersartigen‘. Jene ‚Gesundung‘, für die die Ausstellung ‚Schaffendes Volk‘ den Boden ebnen half.

Unter dem Druck, die Leistungen und den Erfolg der Gesolei noch übertreffen zu wollen, wurde aus dem anfänglich eher bescheidenen Vorhaben, Wege zur Behebung des Wohnungsmangels aufzuzeigen, eine immer größere Unternehmung. Hatte am Anfang noch der Bau- und Siedlungsgedanke im Vordergrund gestanden, so sollten schon bald die damit einhergehenden „vordringlichen Probleme des deutschen Raums“ 20 und letztendlich auch die Roh- und Werkstoffprobleme hinzukommen.

Der Ausstellungsverein

Die Durchführung der Ausstellung ‚ Schaffendes Volk‘ sollte durch einen Verein organisiert werden, der technisch und finanziell eine Unabhängigkeit von der Stadt garantieren würde. 21 Der Verein sollte eine effiziente Arbeit garantieren, da er flexibler arbeiten konnte als die „träge städtische Verwaltung“. 22 Zu diesem Zweck plante Wagenführ, den noch bestehenden Verein der Gesolei umzubenennen und zu reaktivieren. 23 Aus rechtlichen Gründen konnte dieses Vorhaben nicht verwirklicht werden. 24 Daher begann man sich Gedanken zu machen, wer in den engeren Vorstand des neu zu gründenden Vereins aufzunehmen sei. Zur Bedingung stellte man, dass nur solche Herren in Frage kämen, die Fühlung zur Partei und zur Wirtschaft hätten. 25 Bei der weitgehenden Unterstützung der NSDAP durch die Düsseldorfer Wirtschaft kann dies keine große Schwierigkeit bedeutet haben. Besonders hervorgehoben wurde Direktor Liederley, der noch vor der Ausstellungseröffnung Oberbürgermeister werden sollte und als Generaldirektor der Rheinischen Bahngesellschaft „ein besonderes Interesse an Verkehrsfragen“ zeigte, 26 dafür aber „der schärfste Gegner „des Ausstellungsgedankens [‚Schaffendes Volk‘] war. 27

Das gesamte Risiko der Ausstellung, vor allem der Finanzierung, lag bei der Stadt als Kostenträgerin. Dies bedeutete ein großes Risiko für die Kommune, da deren finanzielle Reserven nicht sehr groß waren. Wagenführ wies immer wieder darauf hin, dass eine Ausstellung trotz des konjunkturellen Aufschwunges immer noch eine deutliche Belastung für die Stadt bedeute und der finanzielle Spielraum auf jeden Fall eingehalten werden müsse. 28 Hier wird bereits deutlich, in welchem Zwiespalt der vorbereitende Ausschuss sich von Anfang an befand: Einerseits tendierte man zu immer gigantischeren Ausmaßen und zu immer weiter gestreuten Themenkomplexen, andererseits schob die finanzielle Lage der Kommune ständiger Ausweitung und Vergrößerung der Projekte vehement einen Riegel vor. Besonders der Oberbürgermeister steckte in einem großen Widerspruch, da er zwar bestrebt war, durch diese Ausstellung seiner Ideologie zu huldigen und „das Wesen der nationalsozialistischen Stadt in ihrer Gesamtplanung und in ihrer künstlerischen Haltung“ aufzuzeigen, wobei „es nicht um ein Teilgebiet [gehe], sondern um die Ganzheit der heutigen Weltanschauung, aus der eine kulturelle Haltung erwächst“ 29 , gleichzeitig aber drückte ihn der Stadtsäckel, der so große Vorhaben kaum zuließ. Der Kampf der nationalsozialistischen Ideologie gegen die finanzpolitische Vernunft sollte noch lange anhalten – auch auf anderen Ebenen; aber schon jetzt war abzusehen, dass die Vernunft kaum eine Chance hatte, denn man strebte mehr nach Quantität als nach Qualität. Daran konnten auch mehrmalige Mahnungen des Werberates der deutschen Wirtschaft nichts ändern, der größten Wert auf ein möglichst hohes Niveau der Ausstellung legte. 30

Um im finanziellen Rahmen zu bleiben, reduzierte man zunächst die Anzahl der Häuser der Werkbundsiedlung auf 95, deren endgültiger Verkaufswert wurde auf 12.000 bis 30.000 RM pro Haus festgelegt. Von den verschiedenen Häusertypen sollten 12 Stück à 900 cbm Wohnraum, 14 Stück à 800 cbm, 16 Stück à 650 cbm, 24 Stück à 500 cbm, 12 Stück à 450 cbm und 17 Stück à 385 cbm Wohnraum gebaut werden. Die Gesamtkosten für diese Siedlung wurden auf 2.873.600 RM beziffert. 31 Zusammen mit der einen Millionen RM, die für die Hallenbauten veranschlagt waren, war damit die veranschlagte Summe von 3,8 Mio. RM, die die Stadt zur Verfügung stellen wollte, bereits erschöpft. 32

Ein offizieller Name für die Ausstellung war mit ‚Große Ausstellung Düsseldorf 1937 für Städtebau, Siedlung, Gartengestaltung, Kunsthandwerk und Gewerbe‘, auch bald gefunden. 33 Am 12. Juni 1935 konnte unter dem Namen „Große Ausstellung Düsseldorf – Schlageterstadt 1937 für Städtebau, Siedlung, Gartengestaltung, Kunsthandwerk und Gewerbe e.V.“ endlich der Ausstellungsverein gegründet werden. 34 Hauptträgerin war die Stadt Düsseldorf. Als erster Vorsitzender wurde Generaldirektor Dr. h.c. Ernst Poensgen „spiritus rector der Gesolei“, 35 bestimmt. Seine Vertreter waren Oberbürgermeister Wagenführ und der Kreisleiter der NSDAP, Karl Walter. Diese Herren gehörten dem engeren, Bürgermeister Dr. Thelemann, Stadtrat Meyer, Stadtrat Ebel, Akademiedirektor Professor Peter Grund und der städtische Gartendirektor Tapp dem erweiterten Vorstand an. 36 Für das Zusammenwirken des Vereins mit der Stadt Düsseldorf gab es keinen schriftlichen Vertrag, doch galten im gegenseitigen Einvernehmen folgende Punkte:

„1. Die Stadt beschafft und stellt zur Verfügung das Gelände, auf dem die Ausstellung veranstaltet wird.
2. Die Stadt richtet dieses Gelände auf ihre Kosten in all den Teilen her, die in dieser Gestalt auch nach Beendigung der Ausstellung unverändert bleiben sollen.
3. Die Stadt erstellt auf ihre Kosten alle Bauten und Anlagen, welche auch nach Beendigung der Ausstellung bestehen bleiben sollen und einen dauernden Wert für die Stadt darstellen. Eigentümer ist die Stadt.
4. Der Ausstellungsverein stellt alle Bauten und Anlagen auf seine Kosten her, die nach der Ausstellung wieder abgebrochen werden
5. Zur Finanzierung stellt die Stadt dem Verein einen Kredit in Höhe von 5.550.000 RM zur Verfügung, Zinssatz mind. 4,4% jährlich
6. Die Aufräumung geht auf Kosten des Vereins.
7. Ein etwaiger Überschuß geht an die Stadt.“ 37

Als Abteilungsleiter standen Bürgermeister Thelemann für die Finanzen, 38 Stadtrat Meyer für die technische, sowie Peter Grund (Bauarbeiten und Städtebau) und Winfried Wendland (Kunsthandwerk und Gewerbe) für die künstlerische Oberleitung, Alwin Seifert für die Nutzgartengestaltung, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gartenkultur, Boettner, für die Ziergartengestaltung und Kulturdezernent Ebel für die Organisation von Verkehr, Propaganda und Kongressen zur Verfügung. 39 Ernst Poensgen nahm Gespräche mit dem Propagandaministerium auf, das sich seinen Angaben zufolge von der Idee der Ausstellung begeistert zeigte. Staatssekretär Funk schlug vor, einen erfahrenen Mann mit der Leitung der Ausstellung zu beauftragen: Dr. Ernst W. Maiwald, der für den Werberat der Deutschen Wirtschaft tätig war und gleichzeitig als stellvertretender Reichskommissar die deutsche Abteilung auf der Pariser Weltausstellung leitete. 40 Maiwald verfügte über äußerst gute Beziehungen zur deutschen Wirtschaft. Am 1. Dezember 1935 wurde er zum Hauptgeschäftsführer des Ausstellungsvereins gewählt. Weil man bei der Berufung juristische Feinheiten übersah, wurde seine Ernennung aber erst am 18. Januar des folgenden Jahres durch Beschluss des Vorstandes rechtsgültig. 41

Die guten Beziehungen des Hauptgeschäftsführers zur deutschen Wirtschaft führten dazu, dass die Industrie eine immer wichtigere Position in der Ausstellung erhalten sollte. So wurde durch Maiwalds Anregung die Werkstoffschau, die sowohl der Industrie als auch der offiziellen Politik diente, in das Ausstellungsprogramm aufgenommen. 42 Um der neuen Gewichtung auch im Ausstellungsnamen Ausdruck zu verleihen, beschloss man im Dezember die Ausstellung in „Schaffendes Volk. Große Ausstellung Düsseldorf-Schlageterstadt 1937 für Gartenkultur, Städtebau, Industrie und Handwerk e.V.“ umzubenennen. 43 Dazu kam es allerdings erst im Februar 1936, als auch die Vereinssatzung geändert wurde, die dann folgenden Wortlaut erhielt:

„§ 1. Unter dem Namen ‚Schaffendes Volk, Große Ausstellung Düsseldorf-Schlageterstadt 1937‘ wird ein Verein gegründet. Der Verein wird in das Vereinsregister beim Amtsgericht Düsseldorf eingetragen. Sitz des Vereins ist Düsseldorf.
§ 2. Zweck des Vereins ist es, eine gemeinnützige Ausstellung in Düsseldorf zu veranstalten.
§ 3. Die Begründer des Vereins sind seine Mitglieder. Über die Neuaufnahme und Ausschließung von Mitgliedern entscheidet der Vorsitzende oder der stellvertretende Vorsitzende nach Anhörung des engeren Vorstandes durch schriftlichen Bescheid.
Der Austritt von Mitgliedern erfolgt durch schriftliche Erklärung an den Vorsitzenden oder den stellvertretenden Vorsitzenden. Mitgliedsbeiträge werden nicht erhoben.
§ 4. Die Mitgliederversammlung beruft den erweiterten Vorstand. Dieser ernennt aus seiner Mitte den Vorsitzenden. Der Vorsitzende, der Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf, der Kreisleiter der NSDAP, Kreis Düsseldorf, und der Hauptgeschäftsführer des Vereins bilden den engeren Vorstand.
Der Vorsitzende und bei seiner Verhinderung der stellvertretende Vorsitzende ist Vorstand im Sinne des § 26 BGB.
§ 5. Der engere Vorstand beruft zu seiner Unterstützung einen oder mehrere Geschäftsführer.
§ 5a. Erklärungen und Urkunden, die den Verein verpflichten, müssen von zwei Mitgliedern des engeren Vorstandes oder durch die Geschäftsordnung hierzu beauftragte Personen unterschrieben sein.
§ 6. Der engere Vorstand kann Hauptabteilungsleiter und Ausschüsse berufen, die ihn in der Führung der Vereinsgeschäfte beraten und unterstützen.
§ 7. Der engere Vorstand übt die Rechte der Mitgliederversammlung aus. Die Beschlüsse des engeren Vorstandes werden durch eine jeweils vom Vorsitzenden oder vom stellvertretenden Vorsitzenden zu bezeichnenden Person beurkundet.
Sitzungen des engeren Vorstandes erfolgen auf Einberufung seitens des Vorsitzenden oder des stellvertretenden Vorsitzenden.
§ 8. Soweit nach den gesetzlichen Bestimmungen Mitgliederversammlungen stattfinden müssen, sind diese durch den Vorstand einzuberufen. Die Einladung zur Mitgliederversammlung muß unter Angabe der Tagesordnung mit einer Frist von 8 Tagen schriftlich erfolgen. Die Mitgliederversammlung muß stattfinden, wenn es von mindestens 49 v.H. der Mitglieder unter Angabe des Grundes verlangt wird. Die Tagesordnung der Mitgliederversammlung bestimmt der Vorstand. Die Beschlüsse, die in der Mitgliederversammlung gefaßt werden, sind durch eine jeweils vom Vorsitzenden oder stellvertretenden Vorsitzenden zu bezeichnende Person zu beurkunden.
§ 9. Das Geschäftsjahr läuft vom 1. April bis 31. März.
§ 10. Der Verein wird bis zum 31. März 1942 geschlossen. Bei der Auflösung des Vereins fällt das Vereinsvermögen an die Stadt Düsseldorf.“ 44

Gleichzeitig mit der Ernennung Maiwalds kam es zu weiteren personellen Veränderungen. Die Direktoren Heinrich Hattrop und Emil Berg wurden zu Stellvertretern Maiwalds gewählt. 45 Die kaufmännische und finanzielle Oberleitung hatte ebenfalls Hattrop erhalten, für die bautechnische Oberleitung war Grund zuständig, Presse und Propaganda-Arbeit übernahm Stadtrat Ebel und die gärtnerische Oberleitung lag bei Gartendirektor Wilhelm Tapp 46 . Somit weitete man den Arbeitsstab gemäß der steigenden Aufgaben stetig aus. Am 1. November 1935 hatte man mit drei Arbeitskräften und einer Schreibmaschinenkraft im eigenen Büro mit den eigentlichen Vorbereitungsarbeiten begonnen. 47 Am Ende desselben Jahres bestand der Durchführungsapparat aus 55 Personen. Bis zur Eröffnung der Ausstellung wuchs diese Zahl auf 534. 48

Wendland, der im Oktober 1934 noch für die künstlerischen Pläne einschließlich der Gestaltung der Hallen zuständig war, 49 musste einen großen Teil seiner Verantwortung an Peter Grund abtreten, der unter dem Motto „Dienst an der Kunst ist Dienst an Deutschland, Dienst am Führer“ 50 die künstlerische Leitung übernahm. 51 Wendland fiel nach der Neustrukturierung des Vereins lediglich noch die Aufgabe zu, die Handwerker und Künstler für die Ausstellung zu bestimmen. 52 Das eigentlich von ihm betreute Kunsthandwerk wurde als Sonderschau aufgegeben und sollte stattdessen in die gesamte Ausstellung integriert werden. Wendland war der einzige der Herren, der befürchtete, dass damit das Kunsthandwerk der Industrie zum Opfer fallen werde. 53 Im Dezember, also zu einem Zeitpunkt, als der Werkbund bereits in die Reichskammer der Bildenden Künste eingegliedert worden war 54 und der Werkbund und mit ihm Winfried Wendland seine Eigenständigkeit weitestgehend verloren hatte, konnte der mit der deutschen Industrie sympathisierende Maiwald verkünden, er habe Wendland „ganz für [seine] Pläne gewonnen“ 55 . Damit war das Schicksal des Werkbundvertreters besiegelt. Letztendlich übernahmen die Professoren Grund und Becker sogar die wenigen Wendland noch verbliebenen Aufgaben, namentlich die Bestimmung jener Künstler, welche sich an der Ausstellung beteiligen durften. Ob Wendland und damit der Deutsche Werkbund überhaupt noch eine Rolle innehatte, ist ungeklärt. In den folgenden Protokollen wurde sein Name nicht mehr erwähnt. Der Werkbund bestand zwar noch fort. Er war bis Mai 1935 noch von Carl Christoph Lörcher geführt worden, der sich allerdings nicht sehr für die Belange des Deutschen Werkbundes eingesetzt hatte und dann entweder freiwillig ausschied oder aber entlassen wurde 56 . Wendland war jedoch noch weiter für den Werkbund tätig und versuchte auch intensiv, ihn am Leben zu halten, u.a. durch verschiedene Ausstellungsplanungen und durch das Protegieren der Zeitschrift des Werkbundes‘ Die Form‘, die unter seiner Leitung mit einer Sondernummer ‚Schönheit der Arbeit‘ erschien. Nachdem Lörcher ausgeschieden war wandte Wendland sich an den Geschäftsführer der Reichskulturkammer um auf die mangelhafte Situation beim Werkbund aufmerksam zu machen, der nicht einmal in der Lage war, seine Büroangestellten zu entlohnen. Obwohl Wendland sich selber als Kommissar zur Erledigung der Werkbundfrage vorgeschlagen hatte, wurde zwei Monate nach dessen Antrag wurde der Industriedesigner Hermann Gretsch aus Stuttgart zum neuen Vorsitzenden des Werkbundes ernannt, der die Geschäfte des Bundes bis zum 26. Januar 1938 weiterführte 57 , der Tag, an dem der Präsident der Reichskammer der bildenden Künste dem Deutschen Werkbund mitteilte, dass „die Einrichtung eines besonderen Vereins zum Zwecke der Veredelung der gestaltenden Arbeit in zusammenwirken von Kunsthandwerk und Industrie sich … als überflüssig erwiesen hat“ und Gretsch zum Liquidator bestellte. 58
Somit bestand der Werkbund während der gesamten Vorbereitungszeit für die Ausstellung ‚Schaffendes Volk‘ noch, ohne dass eine bemerkenswerte Verantwortung für die Gestaltung der Ausstellung beobachtet werden konnte. Die Ankündigung der schweizerischen Werkbund-Zeitschrift ‚Das Werk‘ vom April 1936, das Professor Wendland als Ausstellungsleiter nannte, war jedenfalls nicht mehr als eine schmeichelhafte Fehlmeldung. 59    [→ weiter]


1. Schäffer 1938:37
2. Ruban 1937:430
3. Schäffer 1938:35
4. Schäffer 1938:37
5. Schäffer 1938:8
6. Schäffer 1938:8
7. Wischel 1937; Eine Ausstellung von Erzeugnissen handwerklicher Art sollte beispielsweise durchdrungen sein von der Kultur des Arbeiters, der Ausstellungsbesucher sollte die lebendige Verbindung des schaffenden Menschen zu seinem Werk empfinden, Schäffer 1938:49
8. Wischel 1937
9. DN vom 9.5.1937
10. Alfons Leitl in Bauwelt 52.1937:1-8
11. Vgl. Busmann 1995:36f
12. StAD xviii 1705, Präsident des Werberates an Reichsministerium für Propaganda vom 3.2.1936 Pariser Ausstellungsgelände lag mitten in der Stadt und brachte so nicht nur Platzmangel, sondern auch sehr hohe Kosten, die Wohngegenden drumrum sind völlig überlastet, werden über 1,5 Jahre von den Lastwagen des An- und Abtransports erschüttert, 240 Hallen und Häuser auf dem Ausstellungsgelände, FAZ 5.5.1937
13. StAD xviii 1705, Brief vom Präsidenten des Werberates an Reichsministerium für Propaganda vom 3.2.1936
14. Schäffer 1938:45
15. Schäffer 1938:46
16. Schäffer 1938:49
17. StAD xviii 1705, Brief des Werberates vom 25.2.1935
18. Gutterer, zit. in Weißler 1993:50
19. Die Nürnberger Gesetze – das Reichsbürgergesetz vom 15. September 1935 sowie das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ (Blutschutzgesetz) vom gleichen Tag, gaben der menschenverachtenden Verfolgung und Vernichtung von Juden und anderen Bürgern zweiter Klasse eine gesetzliche Grundlage.
20. Geutebrück 1937:59
21. Engst 1949:102
22. StAD iv 565, Protokoll vom 4.10.1934
23. StAD xviii 1705, Einladung von OB Wagenführ vom 7.11.1934. Eingeladen wurden u.a. der Gauleiter, Hugo Henkel, Ernst Poensgen, Bürgermeister Thelemann, Gartenarchitekt Seifert und die beiden Werkbundvorsitzenden Wendland und Lörcher, ebda.
24. StAD iv 565, Protokoll vom 15.11.1934
25. StAD iv 565, Protokoll vom 15.11.1934
26. StAD iv 565, Protokoll vom 15.11.1934
27. Görgen 1968:136
28. StAD iv 565, Protokoll vom 4.10.1934. Die tiefe Sorge über die steigenden Kosten der Ausstellung scheinen nicht begründet gewesen zu sein, da die Konjunktur im Winter 1932/33, noch vor Hitlers Machtübernahme, ihren Tiefpunkt überschritten, und der öffentliche Haushalt der Stadt seit 1935 immer positiv abgeschlossen hatte, 1935/36 immerhin ein Plus von gut 1,6 Mio. RM; Görgen 1968:155. Trotzdem stellt sich die Frage, warum die Stadt das finanzielle Risiko auf ihre eigenen Schultern geladen hat, anstatt den profitierenden Industrie zumindest einen Teil der Vorfinanzierung zu überlassen.
29. StAD iv 566
30. StAD iv 1897, Protokoll vom 4.2.1937
31. StAD iv 565, Protokoll vom 15.11.1934
32. StAD iv 565, Protokoll vom 17.11.1934
33. StAD iv 565, Protokoll vom 6.11.1934
34. StAD xviii 1704; StAD xviii 1705, Brief von OB Wagenführ vom 7.6.1935
35. Hüttenberger 1989:533
36. Maiwald 1939:4
37. StAD xviii 1705, Brief k.OB Liederley an Regierungspräsident vom 7.9.1937
38. Nach dessen Tod übernahm Dr. Füllenbach diese Aufgabe, Görgen 1968:138
39. StAD xviii 1705, Bericht vom 15.5.1935
40. StAD NL Ebel 123, Brief von Poensgen an OB Wagenführ vom 2.10.1935
41. StAD xviii 1703, Brief des Rechtsamtes vom 28.12.1935
42. Huffschmid 1937 (c) DN 9.5.37
43. StAD xviii 1703, Protokoll vom 15.12.1935
44. Maiwald 1939:3f
45. StAD NL Ebel 123, Protokoll vom 13.1.1936
46. Hattrop 1939:4f
47. Weingarten 1937 (g)
48. Hattrop 1939:8
49. StAD NL Ebel, Protokoll vom 4.10.1934
50. DT (l) vom 18.5.1937
51. Bushart:159. Für Wendland war die Situation nicht ganz neu, denn schon die Ausstellung ‚Die Kamera‘, 1934 in Berlin, hatte er als Vorsitzender des Werkbundes geplant. Dass sowohl die Berliner als auch die Düsseldorfer Ausstellung von den Nazis übernommen wurde, konnte Wendland nicht davon abhalten, weiter an diesen mitzuwirken; Weißler 1993:51
52. StAD iv 565, Protokoll vom 28.9.1935
53. StAD NL Ebel, Protokoll vom 13.1.1936
54. Campbell 1981:134f
55. StAD xviii 1705, Protokoll vom 6.12.1935
56. Campbell:259
57. Campbell:259
58. Weißler:25
59. K.K. (Werk), 4.1936:XVI

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